Kampf gegen Internet-Überwachung Wikipedia-Gründer Wales: Obama sollte Snowden zurückholen

Hannover · Wikipedia-Gründer Jimmy Wales forderte aus der Computermesse Cebit in Hannover ein aktives politisches Engagement im Kampf für die Freiheit im Internet. Außerdem sagte er, US-Präsident Brack Obama sollte Edward Snowden zurückholen.

Die Chronologie des Falles "Edward Snowden"
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Die Chronologie des Falles „Edward Snowden“

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US-Präsident Barack Obama sollte nach Ansicht von Wikipedia-Gründer Jimmy Wales Nachsicht mit dem Informanten der NSA-Ausspähaffäre zeigen und Edward Snowden in die USA zurückholen. "Er hat das Gesetz gebrochen, sollte aber nicht wegen Verrats angeklagt werden", sagte Wales am letzten Tag der CeBIT-Computermesse in Hannover. Snowden reihe sich ein in eine lange Tradition zivilen Ungehorsams, wie sie auch der erste schwarze südafrikanische Präsident Nelson Mandela einst praktiziert habe. Es wäre okay, wenn Snowden mit einer symbolischen Haftstrafe davon käme. "Ich würde Obama für so einen Schritt respektieren", sagte Wales in Hannover.

Wales sprach sich erneut gegen Zensur im Internet aus und meinte: "Der Leiter der NSA hätte längst gefeuert sein müssen." Er persönlich sehe zahlreiche Signale, die auch in den USA auf ein Umdenken in Sachen Datenschutz hindeuteten. Allerdings äußerte er sich enttäuscht, dass ausgerechnet in Obamas Regierungszeit die Verfolgung von Informanten wie dem im Moskauer Exil lebenden Snowden schlimmer als zuvor sei. Mit Blick auf die NSA-Ausspähaffäre meinte er: "Es wird einen enormen Einfluss auf die nächsten Wahlen haben." Hätte er Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf der CeBIT getroffen, hätte er sich entschuldigt, dass ihr Handy auch vom Geheimdienst seines Landes belauscht wurde.

Er empfahl Internet-Nutzern, nicht nur online zu protestieren, sondern sich zu organisieren und ernsthaft zu diskutieren. Für die Verteidigung des Rechts auf freie Rede sei neben soliden Argumenten auch das Schmieden von Koalitionen mit Politikern wichtig. Wales warb erneut für sein Projekt eines freien Zugangs zum menschlichen Wissen, gerade auch in den armen Ländern dieser Welt. Wikipedia habe in den 13 Jahren seines Bestehens mittlerweile 13 Millionen Artikel in 285 Sprachen bereitgestellt, wobei in vielen Sprachen jedoch kaum mehr als 1000 Einträge existierten. Auf Deutschland entfallen 1,7 Millionen Artikel.

"Wikipedia ist heute Teil der Infrastruktur dieser Welt", sagte Wales. Probleme mit der Zensur gebe es nicht nur in China, wo Wikipedia nach dreijährigem Verbot wieder online ist. Auch in Frankreich habe es vereinzelt Versuche gegeben, bestimmte Einträge zu löschen. Sie seien aber erfolglos geblieben. Wales warnte davor, trotz aller Sorgfalt der Mitarbeiter und freiwilligen Helfer bei den Einträgen die Plattform als Referenz für wissenschaftliche Arbeiten zu nutzen. Ihre Aufgabe sei vielmehr, wichtige Orientierung zu geben.

Wales startete die Online-Enzyklopädie Wikipedia, bei der alle Internetnutzer mitschreiben können, vor 13 Jahren. Im Idealfall kontrollieren sie sich gegenseitig und wahren damit Qualität und Unabhängigkeit der Einträge.

(dpa)
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