Fotos Zitate aus der bewegenden Rede von Julia Engelmann
Als sich Julia Engelmann im Mai 2013 vor einen vollen Hörsaal der Uni Bielefeld stellte, ahnte sie nicht, wie sehr ihre Worte nachhallen würden – und wievielen Menschen sie aus der Seele gesprochen hat.
"Ich bin der Meister der Streiche, wenn es um Selbstbetrug geht, ein Kleinkind vom Feinsten, wenn ich vor Aufgaben stehe'", sagt sie zu Beginn ihrer Rede. "Lass mich begeistern von Leichtsinn, wenn ein anderer ihn lebt."
Die Zuhörer im vollen Hörsaal lauschen den Worten der Bremerin nachdenklich. "Ich würde gerne so viel sagen, aber bleibe meistens still, weil wenn ich das alles sagen würde, wäre das viel zu viel", sagt sie.
"Meine Liste ist so lang, aber ich werde eh nie alles schaffen – also fang ich gar nicht an", sagt sie. "Stattdessen hänge ich planlos vorm Smartphone, warte bloß auf den nächsten Freitag."
"Ach, das mache ich später, ist die Baseline meines Alltags. Bin so furchtbar faul wie ein Kieselstein am Meeresgrund."
"Lass mal an uns selber glauben. Ist mir egal, ob das verrückt ist, und wer genau guckt, sieht, dass Mut auch bloß ein Anagram von Glück ist."
Einige Zuhörer sind nachdenklich, andere schmunzeln bei Sätzen wie "Du wolltest abnehmen, früher aufstehen, öfter rausgehen, mal deine Träume angehen, mal die Tagesschau sehen für mehr Smalltalk-Allgemeinwissen – aber so wie jedes Jahr, obwohl du nicht damit gerechnet hast, kam dir wieder Mal dieser Alltag dazwischen".
"Die Geschichten, die wir dann stattdessen erzählen, werden traurige Konjunktive sein wie ,Einmal bin ich fast einen Marathon gelaufen und hätte fast die Buddenbrooks gelesen'."
Über den Lebensabend nach all den verpassten Gelegenheiten sagt sie: "Dass wir bloß faul und feige waren, werden wir verschweigen, und uns heimlich wünschen, noch ein bisschen hier zu bleiben, wenn wir dann alt sind und unsere Tage knapp, und das wird sowieso passieren, und dann erst werden wir kapieren, wir hatten nie was zu verlieren."
Der letzte Satz ihres Vortrags: "Das Leben, das wir führen wollen, das können wir selber wählen – also los, schreiben wir Geschichten, die wir später gerne erzählen, und eines Tages, Baby, werden wir alt sein, oh Baby, werden wir alt sein, und an all die Geschichten denken, die für immer unsere sind. Danke."