Nutzung von Telekommunikationsdaten Karlsruhe beschränkt Datenverwendung

Karlsruhe · Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelungen zu Behördenabfragen über Telekommunikationsdaten zum Teil für verfassungswidrig erklärt. Die Norm, wonach etwa Strafverfolger Passwörter für PCs abfragen dürften, sei unverhältnismäßig.

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Die Regelungen zur Speicherung und Herausgabe von Nutzerdaten, Passwörtern und PIN-Codes an Ermittlungsbehörden und andere staatliche Stellen sind teilweise verfassungswidrig. Das entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss. Die Regeln verletzten zum Teil das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Az.: 1 BvR 1299/05).

Die Richter des Ersten Senats erklärten eine Regelung für verfassungswidrig, die Polizei und Nachrichtendiensten den Zugriff auf Passwörter und PIN-Codes ermöglicht - etwa um ein beschlagnahmtes Mobiltelefon auszulesen oder gespeicherte Dateien zu durchsuchen. Die Regelung widerspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie den Zugriff auf die Codes unabhängig davon erlaubt, ob eine Nutzung der Daten durch die Behörde erlaubt sei.

Die nun als verfassungswidrig eingestufte Vorschrift mache die Zugangscodes den Behörden zugänglich, ohne dass zugleich die Voraussetzung der Nutzung dieser Codes geregelt werde. Das bedeutet, dass eine Behörde durch den Zugriff auf Passwörter und PIN-Codes automatisch Zugriff auf alle Daten des Gerätes hat. Allerdings müssen nicht all diese Daten für die jeweilige Ermittlung auch relevant sein.

Frist bis zum 30. Juni 2013

Die Richter setzten dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 30. Juni 2013, um eine neue Regelung zu schaffen. Bis dahin gilt die Bestimmung mit Einschränkungen weiter.

Die Richter erklärten auch die Erteilung von Auskünften über den Inhaber einer sogenannten dynamischen IP-Adresse nach der bisherigen Regelung für unzulässig. Hierbei handelt es sich um die Telekommunikationsnummern, mit denen vor allem Privatpersonen normalerweise im Internet surfen.

Dieses Recht geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz zurück. Damals kippte Karlsruhe am 15. Dezember 1983 das Volkszählungsgesetz. Mit ihm hätten Daten ans Melderegister, an Bundes- und Landesbehörden, an Gemeinden und deren Verbände weitergegeben werden dürfen.

Das Urteil war wegweisend für den Datenschutz, der damit Grundrechtscharakter bekam, auch wenn dies nicht ausdrücklich im Grundgesetz verankert ist. Die Verfassungsrichter leiteten das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes (Würde des Menschen und freie Entfaltung der Persönlichkeit) ab. Der mündige Bürger müsse wissen, "wer was wann und bei welcher Gelegenheit über ihn weiß", hieß es in der Begründung.

In Artikel 2 Absatz 1 heißt es: "Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt." Die "freie Entfaltung der Persönlichkeit" wird unter anderem durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet. Danach kann jeder grundsätzlich selbst darüber entscheiden, ob er personenbezogene Daten preisgibt. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn sie dem Allgemeininteresse dienen - zum Beispiel, wenn es darum geht, Straftaten zu verhindern.

(dpa/REU/AFP)
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