Apple-Produktpräsentation Siri, wo ist der Zauber?

San Francisco/Düsseldorf · Die Präsentation der neuen Apple-Produkte erfüllte die Erwartungen. Mehr nicht. Interessant ist aber das neue Apple TV und ein neues Foto-Format, das Apple mit den neuen iPhones vorgestellt hat.

Apple präsentiert iPhones und neues Apple TV
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Foto: ap, SCM ER

Als der Apple-Chef das iPad in den Händen hielt, wusste jeder im Raum, dass er gerade Zeuge einer gewaltigen Innovation wurde. Erneut. Der Mann im schwarzen Pulli hatte es mal wieder geschafft, alle mit einem neuen Produkt zu verblüffen, zu faszinieren, schlicht: zu begeistern. 2010 war das. Der Mann war Steve Jobs.

Heute heißt der Apple-Chef Tim Cook. Er hat den Konzern zum zeitweise wertvollsten Konzern gemacht, die Absatzzahlen gesteigert, die Modellpalette weiterentwickelt. Kurzum: Er hat alles gemacht, was ein guter Manager machen muss. Aber der Zauber ist verschwunden.

Viel Show statt viel Innovation

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Das ist Tim Cook

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Foto: dpa, tha kno sab tba

Nichts machte das bei der Präsentation der neuen Produkte so deutlich, wie der Moment, als Cook das neue iPad Pro präsentierte: Wo Jobs noch der einfache Vergleich mit einem Laptop und einem Smartphone reichte, um den Nutzen zu verdeutlichen, inszenieren die Marketing-Experten von Apple das neue Gerät in einem Video ähnlich einem Flug durchs Universum. In Zeitlupe fliegt die Kamera an den Metallkanten des Geräts entlang, danach folgt eine Erklärung der Vorzüge zum Vorgängermodell.

Das iPad Pro ist mit 12,9 Zoll deutlich größer als das alte iPad. Es kann mit einer neu entwickelten, in der Hülle verborgenen Tastatur und einem neuen Stift benutzt werden. Es hat vier Lautsprecher. Sogar Mitarbeiter des Apple-Konkurrenten Microsoft kommen auf die Bühne, um zu zeigen, wie toll die Office-Programme wie Word auf dem iPad Pro funktionieren. Aber wo bleibt der Zauber?

Das iPad Pro ist ein Produkt für Geschäftsleute. Das erkennt man schon am Preis: 799 Dollar kostet es in der kleinsten Version. Um Zauber geht es da nicht, sondern ums Geschäft — auch, weil die Nutzerzahlen im herkömmlichen Tablet-Geschäft durch immer größere Smartphones langsam aber sicher zurückgehen. Erhältlich sein soll das iPad Pro ab November.

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Das Apple iPhone 6 und das iPhone 6 Plus

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Foto: ap

Apple kämpft um seinen Platz

Tim Cook muss momentan einiges unternehmen, um die Welt außerhalb des eigenen Unternehmens davon zu überzeugen, dass Apple nichts an seiner einstigen Innovationskraft verloren hat — und noch immer extrem attraktiv für Kunden ist. Einem Fernseh-Börsenkommentator schrieb er zuletzt einen Brief, in dem er betonte, die Geschäfte in China liefen noch immer gut. Der Börsenkurs schoss nach der extrem ungewöhnlichen Aktion sofort hoch.

Und bei der Präsentation der neuen Produkte bemühte Cook große Worte, um die Genialität der neuen Apple-Erfindungen zu betonen. "Wir werden heute ein paar Monster-Ankündigungen machen", sagte Cook zu Beginn der Veranstaltung. Was folgte, waren jedoch mitnichten monstermäßig:

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Das ist die Apple Watch

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Na klar, die neuen iPhones, die erwartungsgemäß vorgestellt wurde, werden wohl ebenso ein Verkaufsschlager wie seine Vorgängermodelle — doch davon konnte jeder Apple-Interessierte im Vorfeld bereits ausgehen. Vorbestellen können sollen Kaufwillige die neuen iPhones ab dem 12. September und erwerben ab dem 25. September, allerdings für mehr Geld als bisher: mindestens 739 Euro kostet das iPhone 6S ohne Vertrag. Neben einem neuen druckempfindlichen Display und verbesserten Front- und Rückkameras bringen die neuen Geräte aber eigentlich nur eine spannende neue Funktion mit: Apple nennt sie "Live Photos".

Fotos erwachen zum Leben

Normale Fotos erwachen damit zum Leben, denn vor und nach dem eigentlich Zeitpunkt des Auslösens zeichnet das iPhone einige Momente lang hochauflösendes Bildmaterial auf. Da sich die Bilder sehr ähneln, frisst das laut Apple wenig Speicherplatz, bringt plötzlich dem Betrachter den Moment des Fotografierens aber viel näher, als bisher. Selbst Ton wird mit aufgezeichnet. Das lebenden Fotos aus der Roman-Reihe "Harry Potter" lassen grüßen.

Davon ab setzt Apple aber längst keine Trends mehr, sondern läuft den Entwicklungen oft hinterher. Die Apple Watch? Andere Hersteller hatten schon viel früher Computeruhren auf dem Markt. Das neue Apple TV? Der Versuch, Konkurrenten wie Amazon oder Google wieder Marktanteile abzujagen. Denn die kleine Fernseh-Box von Apple wurde seit Jahren nicht mehr modernisiert — während beispielsweise Amazons Fire TV-Stick zum meistverkauften Produkt auf der Amazon-Homepage wurde.

Das neue Apple TV, erhältlich ab Oktober für 149 Dollar, bringt den alten Steve Jobs-Zauber nicht zurück. Dennoch ist es mit das interessanteste neue Produkt. Denn Apple präsentiert damit seine Version des zukünftigen Fernsehens — nachdem in den vergangenen Jahren immer wieder über einen eigenen Apple Fernseher spekuliert wurde. "Die Zukunft des Fernsehens sind Apps", sagt Apple-Chef Tim Cook. Mit den kleinen Programmen können sich die Nutzer ihr eigenes Programm zusammenstellen — und mit der Sprachsteuerung Siri steuern.

Apple entwickelt Sprachsteuerung Siri in Richtung Zukunft

Nett sind die kleinen Spiele, die mit der Touch-Fernbedienung gespielt werden können, bahnbrechend jedoch nicht. Anders die Sprachsteuerung Siri. Mit ihr kann man nicht nur nach Filmen suchen, sondern auch nach mehr Details wie etwa den Darstellern. Und das dürfte längst nicht das Ende der Entwicklung sein: Künftig dürfte Siri immer mehr verstehen und beantworten können, so dass sie irgendwann als künstliche Intelligenz nicht nur Fernseher und iPhone, sondern auch Auto und Haus steuern könnte.

Doch das ist natürlich noch Zukunftsmusik. Aber die Vorstellung ist faszinierend. Und sie bringt etwas von dem alten Zauber zurück, der mit dem Tod des Genies Steve Jobs 2011 bei Apple verloren gegangen ist.

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