Diesmal lacht niemand Apples dritter Streich: Das iPad ist da

San Francisco/Berlin (RPO). Pünktlich um 19 Uhr deutscher Zeit sprang Steve Jobs gestern abend auf die Bühne des Yerba Buena Center for the Art Theater. Viele Monate lang hatte der Apple-Chef die Branche darüber in Unkenntnis gelassen, welches Produkt der Kultkonzern mit dem Apfel im Logo wirklich vorstellt. Jetzt steht fest: Computer- und Medienwelt wachsen tatsächlich stärker zusammen.

Steve Jobs präsentiert das neue iPad
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Eigentlich laufen Apples Produktvorstellungen immer nach dem selben Muster ab. Wochen vor dem Pressetermin überstürzen sich die Spekulationen, während das Unternehmen störrisch schweigt. Am Tag X tritt Steve Jobs in Turnschuhen auf eine Bühne und gibt zuerst jede Menge Dinge bekannt - tolle Verkaufszahlen, neue Software, verbesserte Produkte - die niemand wirklich hören will.

Die Stimmung im Saal heizt sich auf, bis unbeteiligte Beobachter sich fragen, ob die Nationalgarde bereitsteht, sollte Jobs "es" doch nicht dabei haben. Aber dann ist es soweit, wie so oft nach den berühmten Worten "one more thing" - "noch eine Sache": "Es" ist endlich da - der iPod, das iPhone, jetzt der iPad. Die Anhänger des "Cult of Mac" brechen in Ekstase aus, die PC-Fans nörgeln und die Journalisten schreiben lange Analysen.

Aber diesmal ist etwas anders. Der iPod wurde von vielen mit Skepsis empfangen, denn 2001 gab es schon Digitalspieler und niemand wusste wirklich, was man von dem vergleichsweise teueren Gerät und seinem zugehörigen iTunes-Programm halten sollte. Beim iPhone waren Hohn und Spott unverhohlen.

Apple mochte zwar schicke Computer und niedliche Musikplayer herstellen können, so die Kritiker. Aber ein Mobiltelefon gehöre zu einer ganz anderen Branche mit ganz anderen Regeln. Microsoft-Chef Steve Ballmer erklärte 2007, das Gerät habe "keine Chance", einen bedeutsamen Anteil des Marktes zu erobern. Im Oktober 2009 bescheinigte die Forschungsgruppe ChangeWave dem iPhone dann etwa 30 Prozent des US-Smartphonemarktes.

Grund zur Skepsis

Heute gehören Menschen mit weißen Kopfhörern in den Ohren zum Straßenbild der Weltmetropolen und in der Mobilfunkbranche wird nach dem "iPhone-Killer" gesucht. Entsprechend lacht niemand über den iPad, jedenfalls nicht laut. Denn Jobs könnte ein drittes Mal richtig liegen.

Dabei gibt es Grund genug zur Skepsis. Tablet-PCs gibt es schon seit Jahren, aber selbst Unternehmen wie Microsoft oder Dell konnten sie nicht aus dem Nischendasein befreien. "Es ist ein Computer ohne Tastatur, ein Digital-Lesegerät mit schlechter Batterieleistung und einem hohen Preis, und es ist ein tragbarer Musikplayer, der nicht in die Hosentasche passt", schrieben die Analysten von Forrester Research vor der Enthüllung des iPads über die Tablet-Klasse. Apple stehe vor der Herausforderung, eine ganz neue Kategorie zu erschaffen. "Das ist etwas, das seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht geschafft wurde."

Aber nichts geringeres hat Jobs vor. Am Anfang seiner Präsentation sprach er ausdrücklich von dem Ziel, eine neue Kategorie von Geräten zu erschaffen, die zwischen Laptop und Smartphone - genauer, MacBook und iPhone - angesiedelt sei. Am Ende zeigte er sich zuversichtlich, genau das geschafft zu haben. Der iPad sei ein "magisches und revolutionäres Gerät", schwärmte er.

In ersten Reaktionen mochten Analysten zwar keine Revolution erkennen. Trotzdem gingen sie von einem Erfolg aus. "Ja, ich glaube, sie haben es wieder geschafft", sagte Ned May von Outsell Inc. "Nicht, weil sie eine Sache so einzigartig gut machen, sondern weil sie viele Dinge besser machen, als sie bislang gemacht wurden. Er fasst eine Reihe von Bedürfnissen in einem universellen Unterhaltungsgerät zusammen." Auch das wäre ein Muster, das vom iPod und iPhone bekannt ist.

(RTR/csr)
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