Polizei und Feuerwehr klagen Handys: Immer mehr Missbrauch von Notruf-Nummern

Düsseldorf (rpo). Eigentlich sollten sie Notrufnummer 110 und 112 nur absoluten Grenzfällen angewählt werden. Doch Polizei und Feuerwehr beklagen immer häufiger den Missbrauch ihrer Not-Nummern. Im ganzen Land machen sich Jugendliche einen Spaß daraus, die Leitstellen mit falschen Meldungen zu nerven. Schon weil man für deren Anwahl keine Karte und keinen Vertrag braucht, die Notnummernn funktionieren aus Sicherheitsgründen auch ohne.

 Wer "einfach so" die Polizei anruft, macht sich strafbar.

Wer "einfach so" die Polizei anruft, macht sich strafbar.

Foto: Arnd Petry, gms

Polizisten und Feuerwehrleute kennen das Phänomen: Mittags steigt die Zahl der Notrufe. Pünktlich nach Schulschluss gehen landauf, landab vermehrt Anrufe über die Nummern 110 und 112 bei den Leitstellen ein. In der Regel nicht deshalb, weil Schüler tatsächlich in Not sind, sondern weil sie sich schlicht einen Spaß machen. "Wir hatten mal einen Jungen, der täglich häufig aus Jux die 110 anrief", berichtet Krefelds Polizeisprecher Rainer Behrens. Solche "Dauerkunden" seien allerdings Einzelfälle. Fakt aber ist: Mit dem Verkauf von immer mehr Handys steigt auch die Zahl der Notrufmissbräuche. Seit einigen Tagen gibt es mit bundesweit 82,8 Millionen Mobilfunkanschlüssen erstmals mehr Handys als Einwohner - was den Trend weiter verschärfen dürfte.

Einfach mal das neue Handy testen

Statistisch erfasst werden die nicht ernst gemeinten Anrufe bei Polizei und Feuerwehr nicht. Doch das Problem ist in allen Behörden bekannt. Laut Behrens ist es inzwischen "fast Alltag, dass jemand im Handyladen steht und die 110 wählt, um sein neues Gerät einfach mal auszuprobieren". Denn die Notrufnummern sind die einzigen Anschlüsse, die auch von Mobiltelefonen ohne SIM- oder Prepaid-Karte angewählt werden können. Dann ist es für die Polizei besonders schwierig, den Anruf zurückzuverfolgen. Die große Zahl derer, die sofort wieder auflegen, bereitet der Polizei allerdings weniger Sorge. "Das ist zwar sehr lästig für die Kollegen, verursacht aber keine zusätzliche Arbeit", sagt Behrens.

Mord und Totschlag erfinden

Ernst wird es dann, wenn der Anrufer einen Notfall erfindet und die Beamten bewusst fehlleitet. So täuschte kürzlich ein 48-Jähriger aus Herford während eines Telefonats mit der Rettungsleitstelle einen Herzanfall vor, dann brach das Gespräch plötzlich ab. Polizei und Feuerwehr suchten den Mann mit Fahrzeugen und einem Hubschrauber und orteten ihn schließlich in seiner Wohnung - er war betrunken, aber kerngesund. Für die Einsatzkosten musste er selbst aufkommen, außerdem wurde ein Strafverfahren eingeleitet. In Wuppertal kündigte ein 27-Jähriger sogar ein frei erfundenes Mordgeständnis am Telefon an. Auch seine Nummer wurde zurückverfolgt, seine verdutzte Mutter öffnete den Polizisten die Tür.

Harte Strafen für Missbrauch

Wer erwischt wird, kann hart bestraft werden. Das Gesetz schreibt für Notrufmissbrauch eine Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor. In Zeiten von Fangschaltungen und ISDN kann die Polizei die meisten Anrufe zurückverfolgen. Über die Daten des Mobilfunkanbieters können die Beamten den Handytelefonierer schon jetzt oft bis auf wenige Meter Entfernung orten. "Irgendwann werden die Geräte sowieso alle einen GPS-Empfänger haben. Dann funktioniert die Ortung noch genauer", sagt Mike Filzen, Feuerwehrsprecher in Essen. Er kann der gestiegenen Zahl von Notrufen auch eine gute Seite abgewinnen: "Dank der Handys werden Unfälle heute oft schneller und zahlreicher gemeldet als früher."

Kummertelefon, Auskunft, Zeitansage - die Notrufnummern müssen für vieles herhalten. Manchmal sind die Grenzen zwischen Notfall und Belästigung allerdings fließend. Zum Beispiel, wenn geistig verwirrte oder ältere Menschen anrufen. So wie eine verzweifelte ältere Frau, die sich bei der Kölner Polizei meldete. Sie berichtete von einer Taube, die soeben in ihre Wohnung geflogen war. "Für die Dame war das ein echter Notfall", erinnert sich ein Polizeisprecher. "Also haben wir geholfen. Auf unser Anraten hin hat sie den Vogel mit einem Besen und lautem Geschrei hinausgejagt."

(afp)
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