"Tonies" aus Düsseldorf Hörspielzeug fürs Kinderzimmer

Düsseldorf · Mit "Tonies" wollen zwei Düsseldorfer Hightech und Kinderhörspiele zusammenbringen - die Spielwarenbranche ist begeistert. Im Zentrum der Idee stehen ein Würfel und verschiedene Figuren.

 "Tonies" aus Düsseldorf bringt Kinderhörspiele und Hightech zusammen.

"Tonies" aus Düsseldorf bringt Kinderhörspiele und Hightech zusammen.

Foto: Endermann, Andreas

Angefangen hat alles mit dem defekten CD-Player von Ella. Mit ihm hat die damals Fünfjährige immer ihre Lieblingshörspiele gehört: Pippi Langstrumpf oder natürlich die Geschichten von Conni, die wahrscheinlich alle Eltern ihrem Nachwuchs früher oder später einmal vorlesen. Doch irgendwann war das Ding kaputt. Schon wieder. "Mal war etwas zerkratzt, dann war der Laser defekt", sagt Patric Faßbender: "Irgendwann haben wir gesagt: Ok, es reicht."

Faßbender sitzt am Esstisch in einer Wohnung an der Düsseldorfer Friedrichstraße. In seinen Händen hält er einen roten Würfel und ein kleines Männchen. Dann erzählt der Familienvater, wie aus dem Versuch, den CD-Player durch ein digitales Abspielgerät zu ersetzen, erst eine Idee und dann ein Unternehmen wurde. Faßbender wollte seinen Töchtern Ella und Toni kein iPad in die Hand drücken, um Hörspiele zu hören, doch gute Alternativen habe er nicht gefunden. Also sagte er sich: Ok, ich mache es selbst. So ist die Idee zu Tonies entstanden."

Tonies - so heißen die kleinen Figuren, die Faßbender gemeinsam mit Geschäftspartner Marcus Stahl entwickelt hat. In jeder Figur ist ein Hörspiel versteckt, das abgespielt wird, sobald man sie auf den Würfel, die Tonibox, stellt. Andere wiederum sind leer und lassen sich ganz einfach per App besprechen. "Früher konnte man mit dem Kassettenrekorder selbst Hörspiele aufnehmen", sagt Faßbender: "Das wollten wir fortsetzen." Oder die Eltern befüllen die Figuren direkt selbst. "Sie können Grußbotschaften hinterlassen oder dem Kind von unterwegs noch schnell ein paar Gute-Nacht-Geschichten draufsprechen", ergänzt Marcus Stahl. Diese werden dann direkt per Cloud auf den jeweiligen Tonie übertragen.

Obwohl die Würfel daher vollgestopft mit Hightech sind, funktioniert die Bedienung intuitiv: Wer das Hörspiel starten will, muss das Männchen auf die Box stellen, wer vorspulen will, den Würfel leicht kippen. Das System ist so innovativ, dass innerhalb kürzester Zeit die bedeutendsten Kinderbuchverlage dafür gewonnen werden konnten. Benjamin Blümchen, Conni, Olchis, Janosch und den kleinen Raben Socke - sie alle gibt es demnächst als Hörfigur. Sogar das Sams wird erhältlich sein, obwohl Autor und Erfinder Paul Maar laut Faßbender eigentlich festgelegt hatte, dass es keine Merchandising-Artikel von Herrn Taschenbiers Mitbewohner geben soll. "Für die Toniebox hat er eine Ausnahme gemacht", sagt Faßbender.

Auf der Internationalen Spielwarenmesse in Nürnberg, die gestern eröffnet wurde, stellen die beiden ihr Produkt aus. Die Konkurrenz ist angesichts von rund 2850 Ausstellern groß. Faßbender ist dennoch optimistisch, dass es die Besucher überzeugt. "Ich glaube, wir treffen ein bisschen den Nerv der Zeit: Die Leute sehnen sich bei all den Digitalangeboten auch wieder nach etwas, das man anfassen kann", sagt er. Vinyl-Platten kämen ja schließlich auch wieder.

Die Neuheiten auf der Spielwarenmesse scheinen ihn in seiner Einschätzung zu bestätigen: Neben technischem Spielzeug wie Robotern setzen die Hersteller verstärkt auf klassisches. So feiern beispielsweise Knete, Bügelperlen und Brettspiele ein Revival. "Wir sehen, dass in Zeiten des Wandels und der gefühlten Unsicherheit die Rückbesinnung auf das Wesentliche eine wichtige Rolle spielt", sagt etwa Karsten Schmidt, Chef des Puzzle-Herstellers Ravensburger. Tonies soll beides sein: Klassisches Spielzeug und Hightech. "Wir verbinden mit Tonies einfach beide Welten", sagt Faßbender. Das kommt an: "Tonies" ist für den Spielzeug-Neuheiten-Preis "Toy-Award" nominiert worden. Es ist der Höhepunkt der knapp dreijährigen Entwicklungszeit.

2013 hat Faßbender damit angefangen - und schnell gemerkt, dass er Hilfe braucht. "Ich komme eigentlich aus der Werbung, kenne mich gut mit Designs aus - aber zum Gründen braucht es natürlich mehr." Dann fiel ihm Marcus ein.

Marcus Stahl kennt sich mit Gründungen aus. Bevor er gemeinsam mit Faßbender die Boxine GmbH, das Unternehmen hinter den Tonies, gründete, hatte er für ein Telekommunikationsunternehmen gearbeitet und dort einen Firmenteil mit Kollegen herausgekauft. Faßbender wusste davon, seit sich die beiden über eine Elterninitiative im Kindergarten kennengelernt hatten. "Wir konnten da schon gut miteinander", sagt er.

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Foto: Twitter

Also legten sie gemeinsam los, arbeiteten an der Technik, dem Design, suchten nach Lieferanten für die Materialien. Ihr eigenes Alter kam ihnen dabei zugute, sagen die beiden: "Wir sind beide über 40, dadurch haben wir natürlich ein großes Netzwerk aufgebaut." Und wo sie selbst nicht weiterkamen, halfen die Gesellschafter: Die Düsseldorfer Kanzlei Arnold Ruess etwa, die auch bei Patentfragen half. Oder der Kinderbuchautor Martin Balscheit, der nicht nur Texte für die Tonies einsprach, sondern einen Kontakt zum Oetinger-Verlag herstellte, der ebenfalls Gesellschafter wurde und wiederum Türen zu anderen Verlagen öffnete. "Wir sind für die Lizenzgespräche quer durch Deutschland gefahren: Nach Hamburg, München, Stuttgart", sagt Marcus Stahl.

Überall haben sie die Verlagsmanager überzeugt. Doch was für die beiden viel wichtiger ist: Auch den Kinderzimmer-Test hat ihre Idee bestanden. "Mein Sohn Henry hat eigentlich nie viel für Hörspiele übrig gehabt", sagt Stahl: "Inzwischen sitzt er oft mit einem Tonie da und hört konzentriert zu. Das macht mich schon etwas stolz."

(frin)
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