Rähnt et morjen in Düsseldorp? Das passiert, wenn man mit Siri Rheinisch spricht

Düsseldorf · Die iPhone-Sprachsteuerung Siri ist praktisch. Angeblich sorgt sie aber auch dafür, dass Dialekte aussterben, weil sie nur Hochdeutsch versteht und Dialektsprecher zwingt, ihre Sprechweise zu ändern. Wir haben es ausprobiert und mit Siri rheinisches Platt gesprochen.

Das passiert, wenn man mit Siri Rheinisch spricht
Foto: Screenshot

Seit Oktober 2011 können iPhone-Nutzer rund um den Globus allerlei Fragen in ihr Handy sprechen und bekommen dann Antworten von Siri, der integrierten Smartphonestimme. Typische Fragen sind etwa: "Wo ist das nächste Pizza-Restaurant?" oder "Wie wird das Wetter morgen?". Doch längst nicht jeder spricht diese Sätze so ein, wie sie hier geschrieben stehen.

Forscher warnen: Weil Siri keine Dialekte versteht und Sprecher daher zwingt, sich an den allgemeinen Sprachgebrauch anzupassen, könnte die Funktion dazu beitragen, dass Dialekte weiter verdrängt werden. Aber versteht Siri wirklich nur Hochdeutsch? Wir haben es ausprobiert.

Hier das Protokoll eines Gesprächs auf rheinischem Platt zwischen dem Brauchtumsexperten und stellvertretenden Chefredakteur der Rheinischen Post, Horst Thoren, und Siri:

Thoren Siri, wie wid ett Wedder hüet?

Siri Ich habe dich nicht richtig verstanden.

Thoren Siri, mott ich möt Räen reschne?

Siri Ja, ich glaube es wird bis zum 24. Februar immer wieder regnen.

Thoren Und wann kütt der nächste Schnee?

Siri Ich glaube nicht, dass es heute schneit.

Thoren Und wo es hee jett loss?

Siri Ich glaube, ich habe dich nicht richtig verstanden.

Thoren Wo soll isch hüet hinjonn in Düsseldorp?

Siri Ich glaube, ich habe dich nicht richtig verstanden.

Thoren (gibt auf) Wo ist die nächste Partylocation in Düsseldorf?

Siri Ich habe das hier für dich gefunden (Es erscheint eine Auflistung von Partylocations).

Thoren Und wie lange duert et noch bis noh Kölle?

 Horst Thoren ist stellvertretender Chefredakteur der Rheinischen Post und Brauchtumsexperte. Für RP ONLINE hat er sich auf rheinischem Platt mit Siri unterhalten.

Horst Thoren ist stellvertretender Chefredakteur der Rheinischen Post und Brauchtumsexperte. Für RP ONLINE hat er sich auf rheinischem Platt mit Siri unterhalten.

Foto: Andreas Endermann

Siri Hier ist die Wegbeschreibung nach Heitmann Vermeer Rechtsanwälte

Thoren Also anders: Wie komm isch hee nom Ring?

Siri Hier ist die Wegbeschreibung nach Ring in Minnesota, USA

Thoren Siri, wann treckt dann in Düsseldorf da Rosenmontachszuch?

Siri Ich habe das hier für dich gefunden (Es erscheint eine Auflistung von Artikel, die von der Verschiebung des Rosenmontagszuges handeln)

Thoren Und, von wem is datt Leed...

Siri Ich höre...

Thoren (singt) "Da simmer dabei, datt is prihima. Viva Colonia!"

Siri Ich habe dich nicht verstanden...

Thoren (singt nochmal) "Da simmer dabei, datt is prihima. Viva Colonia! Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust..."

Siri (unterbricht) Ich verstehe dich nicht, Horst.

Thoren Ok, dann: Wo wohnt eijentlisch de Wollersheim?

Siri Das verstehe ich nicht

Thoren Kannst du mir die Telefonnummer vom Wollersheim sagen?

Siri Ich kenne deine Adresse nicht, Horst. Du kannst sie aber hier eingeben.

Thoren Und de Nummer von OB Geisel em Rothuus?

Siri Ich kenne die Telefonnummer von Obgeisel nicht.

Thoren (seufzt) Wie lautet die Telefonnumer von Oberbürgermeister Geisel?

Siri zeigt die passenden Suchergebnisse auf Google

Thoren Wo jöffett he Pizze?

Siri schaltet sich von selbst ab.

Thoren (drückt auf den großen runden Knopf) Kennste Italiener?

Siri zeigt eine Auflistung mit Pizzerien in der Umgebung.

Der Test zeigt: Wer auf Rheinisch mit Siri sprechen will, der muss vor allem Zeit mitbringen und sich oftmals an dialektfreies Deutsch herantasten. Das Fazit von Horst Thoren: "Ich finde es zwar gut, dass Siri die Sprachfärbung versteht, aber bevor ich es auf Rheinisch benutze, muss Siri erstmal einen ordentlichen Sprachkurs mitmachen."

Noch werden Spracherkennungsfunktionen nicht von der breiten Masse benutzt, doch welche Auswirkungen Funktionen wie Siri langfristig für die deutsche Sprache haben, bleibt abzuwarten. In den USA gibt es schon konkrete Hinweise darauf, dass Dialekte wie etwa das Texanische durch Diktierfunktionen wie Siri verschwinden, berichtet "The Guardian". Typisch texanische Sätze wie "We're fix'in to eat brisket, where should we go?", ("Wir wollen texanisches Barbecue essen, wo sollen wir hingehen?"), versteht Siri nur halb und spuckt am Ende bestenfalls eine unvollständige Liste mit entsprechenden Resultaten aus.

Australier täuschen amerikanischen Akzent vor

Die Folge? Der Handybesitzer formuliert seine Frage neu und zwar mit klareren Worten und deutlicherer Aussprache. "Ich kenne viele Leute in Australien und Indien, die mir berichtet haben, dass sie mit Siri nur zurechtkommen, wenn sie einen amerikanischen Akzent vorspielen", sagt Lars Hinrichs, Soziologe an der Universität von Texas, ebenda.

Weil Tablets und Smartphones gerade bei den jüngeren Generationen zum Alltag gehören, könnten Dialekte folglich verschwinden. "Wie junge Leute heute in Dallas oder Houston sprechen, entspricht vielmehr einem regionalen allgemeingültigem Akzent, als das was in Texas noch vor 50 Jahren gesprochen wurde", sagt Hinrichs. Das hat natürlich noch andere Gründe, doch Siri, meint der Forscher, leistet einen Beitrag dazu.

Das iPhone kann "Kölsch"

Immerhin einen Weg gibt es dann doch, um das iPhone zu rheinischem Brauchtum zu bewegen: In den Spracheinstellungen des Apple-Gerätes, kann man auf "Kölsch" umstellen. Zumindest das Wetter und die Kalenderfunktion, wechselt dann auf den beliebten Dialekt. Wie Sie Ihr Handy auf "Kölsch" umstellen können, lesen Sie hier.

(ham)
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