RP Plus Warren Buffett — Obamas Lieblings-Milliardär

Düsseldorf (RPO). US-Milliardär Warren Buffett beklagt sich, dass er zu wenig Steuern zahlt. Eine Steilvorlage für Präsident Barack Obama, um Werbung für seine neue Reichensteuer zu machen. Für ihn ist der Unternehmer, der als drittreichster Mensch der Erde gilt, so etwas wie ein Modellkapitalist, dessen Freundschaft ihm im Wahlkampf noch nützlich werden kann.

 Börsen-Guru im Pech: Warren Buffett.

Börsen-Guru im Pech: Warren Buffett.

Foto: AP, AP

Beim "Wall Street Journal" sind sie derzeit nicht gut auf Warren Buffett zu sprechen. Der Milliardär möge doch bitte seine Steuererklärung offenlegen, damit jeder sehen könne, wie er sich für den Fiskus arm rechne, schrieb die Zeitung neulich in einem Leitartikel.

Die bissige Aufforderung, ziemlich ungewöhnlich für das Leib- und Magenblatt amerikanischer Unternehmer, hat einen einfachen Grund. Buffett beklagte sich nämlich öffentlich darüber, dass er zu wenig Steuern zahlt. Genauer gesagt, dass er zu einem niedrigeren Satz veranlagt wird als seine Sekretärin. Für Barack Obama ist er damit so etwas wie ein Modellkapitalist, "mein Freund Warren Buffett". Einer, der auch ans Gemeinwohl denkt und nicht nur an sich selber. Der überzeugende Kontrast zur Tea Party mit ihrer polemischen, bisweilen lächerlichen Kritik an Uncle Sam, dessen Krakenarme Amerika angeblich seiner hart erkämpften Freiheit berauben.

Warren Buffett sieht den Staat nicht als bedrohlichen Moloch, sondern als Ausdruck eines Gesellschaftskontrakts zwischen Stärkeren und Schwächeren. Ein Kapitalismus ohne Regeln, sagt er, würde zur unbeschränkten Herrschaft des Geldes und zu sozialer Unterdrückung führen. Wenn erzkonservative Rebellen grenzenlosen Individualismus als amerikanisches Erfolgsrezept preisen, erinnert er gern daran, dass ohne Zutun des Staates weder der Erie-Kanal noch die Interstate-Autobahnen gebaut worden wären.

Kapitalsteuer soll angehoben werden

Nun hat das Weiße Haus sogar die Grundregel einer angepeilten, wenn auch längst noch nicht durchgesetzten Steuerreform nach dem 81-Jährigen benannt. Gemäß der "Buffett Rule" sollen für die reichsten Amerikaner in keinem Fall niedrigere Sätze gelten als für Joe Sixpack, den viel zitierten Normalverbraucher. Konkret würde das bedeuten, die Kapitalsteuer — derzeit 15 Prozent — deutlich anzuheben.

Da Investoren wie Buffett das Gros ihres Vermögens durch Kapitalerträge verdienen, liefern sie einen geringeren Teil ihres Einkommens beim Fiskus ab als die allermeisten Durchschnittsverdiener. "Meine Freunde und ich sind lange genug vom Kongress verhätschelt worden", schrieb der drittreichste Mann der Welt vor Wochen in der "New York Times". Da rede die Politik immer vom Lastenteilen, "aber mich haben sie dabei vergessen".

Buffett mag Hamburger und Coca-Cola

Buffetts Appell geht weit über Zahlen und Steuervorschläge hinaus. In Omaha, einer bodenständigen, langweiligen Stadt im Präriestadt Nebraska, wohnt er im selben Sechs-Zimmer-Haus, das er sich schon vor 55 Jahren zulegte. Telefonanrufe nimmt er gern selber entgegen, statt sich immerzu durch Sekretärinnen abschotten zu lassen. Er mag Hamburger und Coca-Cola, die Welt der Riesengarnelen und Edelweine ist nicht seine Sache. "Middle America", das Amerika der Mittelschichten, kann sich gut identifizieren mit so einem Mann.

Vom europäischen Neid auf Millionäre ist in den USA ohnehin nur wenig zu spüren. Millionären will man hier eher nacheifern — auch ein Grund für Buffetts ungebrochene Popularität. Schließlich seine Börsensprüche, die sich auf erfrischende Weise vom Kauderwelsch mancher Berater unterscheiden. Spricht das "Orakel von Omaha" über die Wall Street, nimmt es kein Blatt vor den Mund. Wer sich nach den Tipps von Brokern richte, kalauert der Weißschopf, der könne auch seinen Friseur fragen, ob er einen neuen Haarschnitt empfehle. "Der dümmste Grund, eine Aktie zu kaufen, ist, weil sie steigt", warnte er Anleger einmal lakonisch davor, auf Wellen kurzfristiger Euphorie mitzuschwimmen.

Die Psychologie an den Kapitalmärkten, kaum einer hat sie treffender beschrieben als Buffett: "Die Angst ist ansteckend und verbreitet sich schnell. Vertrauen ist zerbrechlich und kehrt nur allmählich zurück." Mancher Bewunderer übertreibt es allerdings gern mit dem Märchen von den einfachen Verhältnissen, aus denen Buffett angeblich stammt. In Wahrheit war schon sein Vater Howard Börsenmakler, eine Zeit lang sogar Abgeordneter in Washington. Standesgemäß schickte er den Spross an die Wharton School in Philadelphia, eine der besten Adressen für ein Business-Studium.

Schon als Kind mit Kaugummi und Popcorn gehandelt

Bereits als Kind handelte Young-Warren mit Kaugummi, Popcorn und gebrauchten Golfbällen. Mit elf kaufte er seine ersten Aktien, mit 21 begann er seine Karriere als Broker. Seinen größten Coup landete er, als er sämtliche Anteile eines nahezu unbekannten Versicherers namens Geico erwarb. Heute zählt der Geico-Konzern zu den Riesen seiner Branche. Derivate, jene nicht mehr zu durchschauenden Papiere, die 2008 mit zum Crash der Finanzkrise führten, nannte der Investor "finanzielle Massenvernichtungswaffen".

Fehler hat auch Buffett gemacht, darunter solche, die er in seinen regelmäßig erscheinenden Rundbriefen als töricht charakterisierte. Einmal kaufte er in großem Stil Aktien des Ölmultis Conoco Phillips, da hatten die Ölpreise ihren Gipfel erreicht und begannen bald kräftig zu fallen. Die schwere Fehleinschätzung habe ihn Milliarden gekostet, gab Buffett freimütig zu. Dennoch, heute sind die Aktionärsversammlungen seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway, veranstaltet mit rund vierzigtausend Teilnehmern in einer Basketballarena in Omaha, wahre Medienspektakel.

Als die Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit der USA herabstufte, bemerkte Buffett nur spitz, aus der Perspektive Omahas habe Amerika noch immer die Höchstnote verdient. Da war er wieder, der stolze Patriot aus dem Wall-Street-Milieu.

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