Sanktion für Jugendliche NRW bremst bei Warnschuss-Arrest

Berlin · Jugendliche können seit März mit einer zusätzlichen Sanktion belegt werden, um ihnen die Folgen ihres kriminellen Tuns vor Augen zu führen. Doch außerhalb Bayerns wird das Mittel kaum genutzt.

 Außerhalb von Bayern wird der "Warnschuss-Arrest" kaum genutzt.

Außerhalb von Bayern wird der "Warnschuss-Arrest" kaum genutzt.

Foto: AP, ASSOCIATED PRESS

Der mit großen Erwartungen eingeführte "Warnschuss-Arrest" wird außerhalb von Bayern kaum verhängt. Auch in NRW wird das neue Instrument wenig benutzt. Das ergab eine Umfrage unserer Zeitung unter allen Landesjustizministerien. Danach wurden in den ersten viereinhalb Monaten bundesweit knapp 70 Verurteilungen gezählt, davon allein 28 in Bayern. Viele Regionen verzeichneten nur einzelne oder gar keine Arreste.

NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) macht aus seinen Vorbehalten auch überhaupt keinen Hehl: "Aus unserer Sicht handelt es sich um eine populistische Maßnahme", sagte der Minister. Wer zu einer Bewährungsstrafe verurteilt werde und somit auch für ein bis vier Wochen in "Warnschuss-Arrest" genommen werden könne, habe in der Regel vorher schon andere Straftaten begangen und also auch schon Freizeit- und Jugendarrest kennenlernen können. "Nur für einen kleinen Teil dürfte dies die erste Begegnung mit der Justiz sein", lautet Kutschatys Schlussfolgerung.

In Nordrhein-Westfalen wurden seit Einführung des neuen Mittels zwölf "Warnschuss-Arreste" vollstreckt und zwölf weitere verhängt. Das sind zusammen 1,5 Arreste je eine Million Einwohner: In Bayern sind es 2,4; die Gerichte im Freistaat haben inzwischen bereits 28 "Warnschüsse" abgegeben. "Nach unserem Eindruck wird die Regelung von der Praxis gut angenommen", lautet denn auch die erste Bilanz der bayerischen Justiz-Sprecherin Ulrike Roider. Allerdings seien Aussagen über die Wirksamkeit des Mittels erst möglich, wenn klar geworden sei, ob die Arrestanten die nach dem Gefängnisaufenthalt anstehende Bewährungsstrafe straffrei durchstehen oder ihre Jugendstrafe doch noch antreten müssen.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßt im Prinzip die neuen Möglichkeiten des Strafvollzugs. "Dieses Mittel führt dazu, dass junge Leute sehr viel schneller vor Augen geführt bekommen, was Folge ihres Handelns sein kann, wenn sie ihre kriminelle Karriere fortsetzen", sagte GdP-Chef Oliver Malchow. Allerdings verstünden auch die Polizeibeamten den "Warnschuss-Arrest" nicht als Allheilmittel, sondern als Ergänzung zu den bestehenden Möglichkeiten des Jugendstrafrechts.

Die regionale Anwendung ist nach der aktuellen Zwischenbilanz höchst unterschiedlich. In Rheinland-Pfalz hatten die Gerichte in sechs Fällen den Eindruck, dass ein Jugendlicher noch deutlicher fühlen sollte, dass seine Taten Konsequenzen haben. Jeweils zwei zusätzliche Arreste melden die Justizministerien in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland. Jeweils ein einziger Fall wurde bislang in Thüringen, Brandenburg und Schleswig-Holstein registriert, und keine einzige Verurteilung gab es in Sachsen und Bremen. Keine Angaben konnten Hessen, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Berlin machen, da dort die entsprechenden Statistiken zum Teil erst im Herbst 2014 abrufbereit sind.

Der aktuelle Befund einer größeren Neigung der Gerichte im Süden und der deutlichen Distanz im Norden bestätigt eine grundsätzliche Beobachtung der Gewerkschaft. "Es gibt auch bei anderen Strafen ein starkes Nord-Süd-Gefälle", berichtet Malchow. Im Norden neige die Justiz deutlich häufiger dazu, Verfahren einzustellen oder sehr viel mildere Strafen zu verhängen als im Süden.

Verschiedene Bundesländer und auch das Bundesjustizministerium planen detaillierte Untersuchungen, ob die erhofften Wirkungen beim "Warnschussarrest" eintreten. Mit Ergebnissen wird jedoch frühestens Ende nächsten Jahres gerechnet.

(may-)
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