Zwangsgebühren für ARD und ZDF GEZ nennt sich jetzt "Beitragsservice"

Köln · Mit Freundlichkeit sollen mehr Menschen zum Zahlen für Programme gezwungen werden, die sie gar nicht sehen. Die neue Regelung gilt ab dem 1. Januar 2013.

 Die GEZ-Zentrale in Köln.

Die GEZ-Zentrale in Köln.

Foto: AP, AP

Die verhassteste Pseudo-Behörde Deutschlands haust hinter dem Studio für Tiere, die ein Zuhause suchen, und den Kulissen der Lindenstraße auf einem mit Stracheldraht umzäunten WDR-Gelände in Köln-Ossendorf. Aktuell 1320 Mitarbeiter beschäftigt die "Gebühren-
einzugszentrale" (GEZ), die seit 1976 für ARD, ZDF und Deutschlandradio das Geld einsammelt. Die "Einrichtung" der Sender hat nicht einmal eine eigene Rechtsform, ihr bekanntester Vertreter ist der "GEZ-Mann", der an der Haustür klingelt.

Zur Umstellung der GEZ-Gebühr auf den neuen "Rundfunkbeitrag" rächt sich, dass die GEZ nie laut verkündet hat, dass die GEZ-Männer in Wahrheit WDR-Männer waren. Ab 1. Januar 2013 ist Schluss für die meist freien Handelsvertreter. Der SWR hat seine 50 zur Jahresmitte gekündigt, der WDR 78 Kündigungen zum Jahresende ausgesprochen.

Am vergangenen Wochenende hat die GEZ die Daten von 41,8 Millionen Beitragskonten auf das neue System übertragen. 100.000 Briefe pro Tag gehen bei der GEZ ein, die meisten werden an 16 Maschinen in zwei Schichten automatisch geöffnet. Alles, was die GEZ erreicht, wird gescannt und elektronisch weiterverarbeitet. Computer suchen in den Daten nach Stichworten, um die Briefe Nutzern zuordnen zu können. Antworten werden auf Endlospapier gedruckt, geschnitten und kuvertiert. 70 Millionen Schreiben verschickt die GEZ jährlich, 14 Millionen davon aus Köln.

Auch wenn die GEZ sich nun in "Beitragsservice" umbenennt, bleibt ihr Zweck der gleiche: Geld eintreiben. Derzeit fast acht Milliarden Euro jährlich, künftig vielleicht noch mehr. Denn der "Beitrag" wird künftig pro Wohnung erhoben — unabhängig davon, wie viele TV-Geräte, Radios, Computer oder Smartphones vorhanden sind, auch unabhängig von der Zahl der Bewohner. Zahlen müssen alle — auch wenn sie weder TV schauen noch Radio hören, und selbst dann, wenn sie keine Empfangsgeräte besitzen.

Die GEZ und ihre Auftraggeber behaupten, sie seien nicht in der Lage zu beziffern, wie viel mehr Geld das neue Modell in die Kassen von ARD und ZDF spülen wird. Wie hoch der Bevölkerungsanteil der "Schwarzseher" ist, die künftig über die Wohnungsabgabe ebenfalls zur Kasse gebeten werden, weiß man bei der GEZ für NRW angeblich nicht. In Berlin wird der Anteil auf 20 Prozent geschätzt.

Damit der "Beitragsservice" seine Rechnungen von monatlich 17,98 Euro pro Wohnung verschicken kann, braucht er Wohnungsdaten. Der 3. März 2013 ist der Stichtag, zu dem alle deutschen Einwohnermeldeämter ihre Daten für den Beitragsservice sichern. Die Geldeintreiber gleichen alle Anschriften mit ihren "Kunden" ab. Wer noch nicht gemeldet ist, bekommt Post.

Im Gegenzug für die Daten-Übermittlung will die heutige GEZ zwei Jahre lang darauf verzichten, Daten bei Adresshändlern einzukaufen. Die Kommission für die Ermittlung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht davon aus, dass die Anmeldedichte in den deutschen Großstädten derzeit nur bei 75 Prozent liegt.

Das größte Akzeptanz-Problem der Beitragseintreiber: In der Gruppe der 14- bis 49-Jährigen liegt der Marktanteil von ARD und ZDF nur bei 13,3 Prozent. Warum sollen sie für ein Programm bezahlen, dass sie nicht sehen wollen und teils gar nicht mehr kennen?

(RP/csi/pst)
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