"Toddlers and Tiaras" im US-TV "Möchte der Jury zeigen, wie schön ich bin"

Düsseldorf · Schönheitswettbewerbe für Kleinkinder sind in den USA nicht ungewöhnlich. Die Sendung "Toddlers and Tiaras" auf TLC setzt dem bedenklichen Trend jedoch die Krone auf. Vierjährige posieren geschminkt und wie Erwachsene gekleidet vor der Jury. Prominente wie Tom Hanks wettern gegen die Sendung. Auch deutsche Kinderschützer sind alarmiert.

"Toddlers and Tiaras" wirkt auf europäische Augen fremd und fast unheimlich: Kinder werden in glitzernden Kleidchen, die schon mal 3000 Dollar kosten können, auf die Bühne geschickt. Lächelnd posieren sie tapfer vor dem Publikum, um eine möglichst hohe Punktzahl zu erhalten um am Ende die begehrte Krone mit nach Hause nehmen zu drüfen.

Die Kinder sollen sich langsam und graziös drehen und in einer zweiten Runde besondere Talente zeigen. Einige Familien der kleinen Teilnehmerinnen werden in der TV-Show von einem Kamera-Team begleitet — von den Tagen der Vorbereitung bis hin zur Siegerehrung des Wettbewerbs.

"Ich möchte der Jury zeigen wie schön ich bin"

Alarmierend sind nicht nur die Outfits der Mini- Schönheitsköniginnen, sondern auch die Umstände, denen die Kindern bei solchen Wettbewerben ausgesetzt sind.

Das Muster ist immer gleich: Die Kandidatinnen kommen aus allen Teilen der USA angereist, zahlen eine Teilnahmegebühr und bereiten sich dann auf den Wettbewerb vor: Make-Up, Haare, alles muss sitzen. Dabei scheint alles erlaubt: Aufgesprühter Selbstbräuner, unechte Fingernägel und Wimpern- und wie in der aktuellen Folge ein unechter Busen an einer Vierjährigen.

Bei dem zweiminütigen Auftritt läuft eine selbstausgewählte Musik im Hintergrund. Die aufgeregten Mütter stehen einige Meter hinter der Jury und machen der Tochter vor, welche Bewegung sie als nächstes ausführen soll. "Ich möchte der Jury zeigen, wie schön ich bin", sagt die vierjährige Maddy im Interview.

Einer Konkurrentin von Maddy wird derweil ein Energy Drink in der Teeflasche eingeflößt — zu viel Geld haben die Eltern investiert um ihre Kinder jetzt noch verlieren zu sehen. "Das Kleid, das meine Tochter heute trägt hat rund 2000 Dollar gekostet", erzählt eine Mutter lächelnd.

Dolly Parton, Julia Roberts und Daisy Duke

In der Kategorie "Outfit of Choice" ist Kreativität der Eltern gefragt. Angeblich auf eigenen Wunsch ziehen sich die Kinder als Prostituierte Vivian Ward aus dem Film "Pretty Woman", als Daisy Duke oder als Countrystar Dolly Parton an.

Die stolzen Eltern stehen erwartungsvoll dabei und feuern ihre Kinder an. Zu gewinnen gibt es für die Kinder vergleichsweise wenig: Ein wenig Bargeld, Spielzeug, Trophäen und Kronen aus Plastik.

Erschütterte Zuschauer melden sich im Internet zu Wort

Die 45-minütige Sendung ruft jedoch auch wütende Eltern in den USA auf den Plan: In der Facebook-Gruppe "STOP TODDLERS AND TIARAS" werden die Eindrücke der Zuschauer deutlich. Als "Kindesmisshandlung" oder sogar "Spielplatz für Pädophile" wird die Sendung von aufgebrachten Zuschauern bezeichnet.

Auch Prominente wie Tom Hanks machen ihrer Wut über die Sendung Luft. In einem Sketch zeigte er sich als überaus ehrgeiziger Vater einer Teilnehmerin von "Toddlers and Tiaras", bei dem er die Sendung und das Verhalten der Eltern auf die Schippe nimmt. Das Video hat auf Youtube bereits über 2,5 Millionen Klicks und 2600 Kommentare.

Kinder-Schönheitswahn auch in Deutschland ?

Geschminkte und durchgestylte Kinder sieht man auch in Deutschland häufiger. Spezielles Make-up, Triangel- Bikinis oder sogar High Heels für Kinder sind im Handel erwerblich. In Foren für Mütter ist die Aufregung über solche Modetrends groß: "Ich habe heute Miniröckchen und Hotpants in Größe 110 gesehen. Wer kauft denn so etwas?"

Marlis Herterich, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderschutzbundes, findet deutliche Worte für das Verhalten der sogenannten "Pageant-Moms": "Leider scheint es in den USA nun eine Tendenz zur Darstellung von Kindern als kleine Lolitas zu geben. Nichts gegen den Spaß von Kindern am Verkleiden im kindlichen Spiel — aber hohe Wachsamkeit, wenn der Spaß dazu genutzt wird, falsche Assoziationen bei Erwachsenen zu wecken und Kinder zu vermarkten", sagt die Expertin unserer Redaktion.

"Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass so etwas auch in Deutschland versucht wird", so Herterich. Allerding seien die rechtlichen Hürden etwas höher. Trotzdem kritisiert Herterich die Gesetzlage: "Der Schutz von Kindern in Reality-Formaten ist lückenhaft. Wir bemühen uns seit Jahren, das Thema in die Politik zu tragen."

(RPO)
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