"Polizeiruf" aus München Schon der Auftakt war großes Kino

München · Der Münchner "Polizeiruf 110" mit Matthias Brandt als Kriminalhauptkommissar Hanns von Meuffels gehört schon lange zum Besten, was der Krimi-Sonntag in der ARD zu bieten hat. Mit der Folge "Kinderparadies" setzte der Bayerische Rundfunk nun noch eins drauf. Regie geführt hat Leander Haußmann, und schon der Auftakt war großes Kino.

Ein langsames Glockenspiel erklingt. Auf dem Bildschirm erscheint der Satz "Wir singen oft Wiegenlieder für unsere Kinder", und dann darunter: "damit wir selbst einschlafen können". Aus dem Off rezitiert eine Stimme Shakespeares "Sommernachtstraum", dazu folgen verstörende Bilder: Ein Mädchen mit einem Blütenkranz blickt ratlos vor sich, ein Polizist liegt am Boden, SEK-Polizisten gehen in Stellung, ein Knall, die Stimme aus dem Off verstummt, bunte Buchstaben, die das Wort "Kinderparadies" ergeben, schaukeln an einem Zaun. Und dann beginnt der Fall.

Ella Werken ( Lisa Wagner) ist keine nette Frau: "Nimm dein gestörtes Kind und geh zu deiner gestörten Frau und komm einfach nicht wieder", sagt sie zu ihrem Liebhaber. Derweil sitzen dessen Frau und ihr Mann beim Elternabend im "Kinderparadies", einem elitären Kindergarten für Bionade-Biedermeier-Familien. Noch am selben Abend wird Ella Werken überfahren. Absichtlich. Das ist noch lange nicht die brutalste Szene in diesem "Polizeiruf". Denn Leander Haußmann erzählt die Geschichte dieses Mordes in Rückblenden, die der Erzählung gekonnte Wendungen geben.

Daneben leuchtet er wunderbar ein begütertes Milieu aus, das seine Kinder wie Projekte behandelt, die am Ende die eigene Kaputtheit doch nicht heilen. Das "Kinderparadies" ist die buntgestrichene Hölle der Erwachsenen.

Die normalsten Figuren sind die nüchterne Frau vom Jugendamt und eine Koreanerin, die sich als chinesische Tai-Chi-Lehrerin ausgibt. Haußmann und Drehbuch-Autor Daniel Nocke haben der Figur von Meuffels schöne, manchmal etwas dicke Sätze geschrieben. Zu Musik von Bob Dylan ("You're A Big Girl Now") lassen sie ihn gegen Ende sagen: "Man muss sich eben dran gewöhnen. Ist wie 'ne zugelaufene Katze, die Trauer." Es sei besser, man streichele sie, wenn sie sich einem auf den Schoß lege.

(RP)
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