Trennung des Ex-Bundespräsidenten Der einsame Wulff

Berlin · Er war Kanzlerreserve, Ministerpräsident, Bundespräsident. Sie war die schöne PR-Expertin mit Rücken-Tattoo und der Eleganz einer Carla Bruni. Typ Schwiegersohn an der Seite von "Miss Perfect". Christian und Bettina Wulff waren das coole Patchwork-Paar im Schloss Bellevue. Ein modernes Polit-Märchen.

Bettina Wulff und Christian Wulff - Szenen einer Ehe
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Szenen einer Ehe - Christian und Bettina Wulff

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Foto: dapd, Swen Pfoertner

Alles Geschichte. Ein Jahr nach dem Rücktritt nun das Ehe-Aus. Während Bettina Wulff im gemeinsamen Haus in Großburgwedel bleibt und erste Fotos eine lächelnde Frau Wulff zeigen, fragen sich einige: Was wird aus Christian Wulff?

Allianz mit den Medien...

Mitleid, gar Zuspruch aus der eigenen Partei, für die Wulff 34 Jahre tätig war, darf der 52-Jährige nicht erwarten. Zu sehr hat die Partei mit dem Mann gebrochen, der lieber Allianzen mit den Medien als mit Parteifreunden schmiedete. "Wer sein Privatleben in die Öffentlichkeit zerrt, muss mit den Folgen leben", sagt ein CDU-Vorstandsmitglied nüchtern.

Tatsächlich war es 2006 der damalige niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff, der die Trennung von seiner ersten Frau via "Bild"-Zeitung vermarktete ("Ja, in meinem Leben gibt es eine neue Frau"). Wulff gab freiwillig Einblicke in das Eheglück mit der Hannoveraner PR-Frau Bettina Körner. Die groß gewachsene Blondine an der Seite des als bieder empfundenen CDU-Politikers war Liebling der Medien.

Die "Bild" romantisierte die Beziehung als "Liebe wie aus dem Roman". Die Verbindungen zu dem Massenblatt hielt Wulff bis ins Amt des Bundespräsidenten. Auch deshalb reagierte der Präsident so verärgert auf der Telefon-Mailbox von "Bild"-Chef Kai Diekmann, als Wulff von der geplanten kritischen Berichterstattung über seinen dubiosen Hauskredit Wind bekam. Es muss Wulff vorgekommen sein, als verliere er einen treuen Freund. Ironie der Geschichte, dass es nun die "Bild" war, die die Trennung verkündete. "Wer die professionell Neugierigen in seinen Hobbykeller schauen lässt, zahlt dafür möglicherweise einen hohen Preis", kommentierte die "FAZ".

...wenig Freunde in der Politik

Aus der CDU-Führung äußert sich bislang keiner zur Causa Wulff. Freunde sind in der Politik ohnehin rar. Aber Wulff machte es seiner Partei besonders schwer. In seiner rasanten Karriere arbeitete Wulff meist auf eigene Rechnung. In seiner Glanzzeit als Ministerpräsident schloss er sich dem legendären "Andenpakt" an, jener Gruppe konservativer Jungpolitiker, die sich Loyalität auf dem Weg nach oben versprachen.

Die so fremd wirkende, ostdeutsche Protestantin Angela Merkel war damals das gemeinsame Feindbild der katholischen Männer. Doch als es 2001 um den Unions-Kanzlerkandidaten ging und die Nachwuchsriege sich intern für CSU-Chef Edmund Stoiber ausgesprochen hatte, war es Wulff, der bei Merkel die Existenz des Andenpakts und deren Präferenz ausplauderte.

Die übrigen Mitglieder, etwa die früheren CDU-Regierungschefs Roland Koch und Peter Müller haben das Wulff nicht vergessen. Im Parteipräsidium war es oft Wulff, der Interna den Medien übermittelte. Rat bei Parteifreunden suchte er indes kaum. So war es keine Überraschung, dass sich CDU-Politiker nach Bekanntwerden der Kredit-Affäre rasch von Wulff lossagten.

Niedersachsens Regierungschef David McAllister, von Wulff ausgelobter Nachfolger, war der Erste. McAllister kritisierte die Nähe Wulffs zu vermögenden Unternehmern, kokettierte mit seiner Liebe zum bodenständigen Ferienziel an der Ostsee (im Vergleich zu Wulff, der bei Freunden in einer Villa am Mittelmeer urlaubte). Weihnachten 2011 sprachen die beiden zuletzt miteinander. Wulffs neue Handy-Nummer besorgte sich McAllister erst gar nicht. Auch Christian Wulffs Verhältnis zu Olaf Glaeseker, einst sein Pressesprecher und engster Vertrauter, zerbrach als Wulff seinen früheren Freund im Zuge des Korruptionsverfahrens der Staatsanwaltschaft Hannover belastete.

Bescheidener Lebensstil

Zwei bis dreimal pro Woche pendelt Christian Wulff nach Berlin, wo er ein Büro bezogen hat. Der Bundestag hat mit Stimmen von Union und FDP Personal und Ausstattung für das frühere Staatsoberhaupt gekürzt, den Ehrensold von 217000 Euro pro Jahr darf Wulff aber behalten. Da Bettina Wulff aber Anspruch auf die Hälfte der Bezüge hat und Christian Wulff Unterhalt für seine Tochter aus erster Ehe sowie die Anwaltskosten bei einer renommierten Kanzlei (Tageshonorar könnte laut Experten bei etwa 4000 Euro liegen) zahlen muss, dürfte sein Lebensstandard eher bescheiden ausfallen.

Wenig Anfragen

Angeblich soll Wulff bereits CDU-Politiker angefragt haben, ob sie ihm bei der Vermittlung von Vorträgen helfen können.
Öffentliche Termine hat Bundespräsident a.D. Wulff kaum. Offenbar will niemand einen Mann einladen, gegen den ein Korruptionsverfahren läuft. Die Einladung für die Rede bei der Heidelberger Hochschule für jüdische Studien, die Wulff im November vergangenen Jahres hielt, stammte noch aus seiner Amtszeit. Der Gastgeber musste kritische Fragen beantworten. Ein Honorar erhielt Wulff nicht.

Wulff will ein Comeback

Doch Wulff will zurück in die Öffentlichkeit. Das berichtet zumindest ein CDU-Politiker, der kürzlich mit ihm sprach. Sollte die Staatsanwaltschaft Hannover das Verfahren aus Mangel an Beweisen einstellen (das wäre nicht unwahrscheinlich), will Wulff eine öffentliche Rehabilitation einfordern. Ein Amt, in dem er sich für die Integration von Zuwanderern, sein Lieblingsthema, einsetzen kann, schwebt ihm vor.

(rm)
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