Kampagne für mehr Aufmerksamkeit 800 000 Stotterer in Deutschland gehen in die Offensive

Köln · Sprachgestörte wollen am Welttag des Stotterns in einer groß angelegten Kampagne für mehr Aufmerksamkeit und Verständnis werben.

Mit einer Kampagne wollen Stotterer-Selbsthilfegruppen über die Sprechbehinderung aufklären und um mehr Akzeptanz werben. Zum Welttag des Stotterns am 22. Oktober wird eine bundesweite Plakat- und Postkartenkampagne mit Weltkugel-Motiv gestartet, wie die Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe in Köln ankündigte. Außerdem laden am kommenden Dienstag die 90 ehrenamtlichen Jugend- und Erwachsenengruppen in Deutschland zum Tag der offenen Tür ein. Weltweit schicken Betroffene Grußbotschaften über soziale Netzwerke wie Facebook und YouTube, in denen sie gemeinsam ihre Rechte einfordern. Das Welttagsmotto lautet in diesem Jahr "People who stutter — Supporting each other (stotternde Menschen unterstützen einander)".

Rund ein Prozent der Weltbevölkerung ist laut Bundesvereinigung von der Sprechbehinderung betroffen. In Deutschland sind es mehr als 800 000 Menschen. "Stottern beginnt meist im Kindesalter, ganz unabhängig von der kulturellen und sozialen Herkunft, in Afrika wird ebenso gestottert wie in Europa oder in den USA", erklärt Martin Sommer, Vorsitzender der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe.

Obwohl Stottern sich individuell sehr unterschiedlich äußert, erlebten Betroffene überwiegend Ablehnung, beklagt der Göttinger Facharzt. Sie würden verhöhnt und nicht selten in Schule und Beruf benachteiligt. "Stottern ist aber keine Sackgasse", betonte Sommer. Sowohl bei Kleinkindern als auch bei Senioren könne die Behinderung gut behandelt werden. Auch der Kontakt zu anderen Betroffenen über eine Selbsthilfegruppe trage wesentlich zum Erfolg von Therapien bei. Darüber hinaus gibt es seit Juli ein Elternnetzwerk im Internet, unter "www.eltern.bvss.de" finden Angehörigen eine Plattform, Beratung und Informationen zu Therapien.

Stottern ist eine organisch bedingte Sprechbehinderung, linke und rechte Gehirnhälfte arbeiten nicht richtig zusammen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass es dafür eine genetische Veranlagung gibt. Mit dem Ende der Pubertät verschwindet das Stottern in 80 Prozent der Fälle. Betroffen sind etwa fünf mal so viele Männer wie Frauen.

(EPD)
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