Was Sie über Lebensmittel wissen sollten Sieben große Bio-Irrtümer

Düsseldorf · Nicht nur der Skandal um als Bio-Ware gekennzeichnete Eier aus konventioneller Haltung verunsichert die Verbraucher. Immer noch kursieren erstaunlich viele Halbwahrheiten über Öko-Lebensmittel, glückliche Nutztiere und Bio-Gütesiegel .

Bio-Skandale und ihre Risiken
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Bio-Skandale und ihre Risiken

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Foto: dpa, Andreas Gebert

Bio-Verfechter und Bio-Kritiker liefern sich heftige Debatten. Die einen fühlen sich in ihrer Meinung bekräftigt, dass am Öko-Geschäft doch etwas faul sein muss. Andere verteidigen den grünen Gedanken und sprechen bei Skandalen von Ausnahmen. Wir haben die häufigsten Argumente in der Diskussion zusammengestellt.

1. Bio heißt hochwertig

Wer Bio-Ware kauft, gerät bei über 100 Gütesiegeln und Zeichen für Bioprodukte leicht durcheinander. Am bekanntesten ist das grüne Sechseck — das deutsche Biosiegel. Betriebe, die ihre Produkte damit schmücken, werden mindestens einmal pro Jahr kontrolliert. Sie verpflichten sich, auf Gentechnik zu verzichten sowie die Tiere nach den Öko-Richtlinien zu halten und zu füttern.

Das europäische Bio-Siegel zeigt ein Blatt mit zwölf Sternen auf grünem Grund. Alle Lebensmittel, die mit "Öko" oder "Bio" werben, müssen es tragen. Beide Siegel garantieren aber nur Mindeststandards. Striktere Vorgaben machen Naturverbände wie Bioland, demeter und Naturland. Allerdings sind auch Naturland-Betriebe in den Eier-Skandal verwickelt. Vorsicht ist bei Produkten geboten, die mit vagen Formulierungen wie "aus umweltfreundlichem Anbau" werben.

2. Bio kommt vom Bauernhof

Die glücklich kauende Kuh auf der grünen Wiese — viele wären erschrocken, wenn sie wüssten, wie wenig ihre Vorstellung von Bio-Produktion mit der Realität zu tun hat. Denn auch Bio-zertifizierte Betriebe haben oft Hunderte bis Tausende Tiere auf dem Hof. Ein Bio-Schwein mag zwar gesünder gefüttert werden und einen größeren und helleren Platz im Stall haben als sein Artgenosse aus konventioneller Haltung. Einen Anspruch auf ein Bad in der Schlammkuhle und genug Auslauf hat es nicht zwingend. Erst das aber wäre artgerecht.

3. Bio ist auf jeden Fall gesünder

Es gibt unzählige Fallstudien und Statistiken — aber keine eindeutigen Beweise. Zwar sind Bio-Lebensmittel weniger schadstoffbelastet. Unklar ist aber, ob sie grundsätzlich mehr Vitamine und Nährstoffe enthalten. Fakt und gut: Öko-Landbau will schonender mit der Umwelt umgehen, Ressourcen nicht verschwenden und Tiere besser halten.

4. Bioware aus der Region hat immer die bessere Ökobilanz

Deutschland importiert immer mehr Bio-Lebensmittel aus dem Ausland. Kritiker behaupten: Ein Salat aus Spanien kann schon wegen des langen Transports per Flugzeug nicht "bio" sein. Das stimme nicht immer, entgegnet das Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg. In einer Studie fanden Forscher heraus, dass die Ökobilanz eines solchen Produkts sogar besser sein kann.

Die Ökobilanz beleuchtet den Weg eines Lebensmittels von der Produktion bis zur Entsorgung und zeigt, wie sich das auf die Umwelt auswirkt. Im Winter muss Kopfsalat in Deutschland energieintensiv im Gewächshaus gezogen werden. Das Produkt aus Spanien hat dann bei der Ökobilanz die Nase vorn. "Wer die Umwelt schonen will, sollte Obst und Gemüse nach Saison kaufen", sagt Diana Schaack, Spezialistin für Öko-Landbau bei der Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft (AMI) in Bonn.

5. Bio-Obst und -Gemüse wird nicht chemisch behandelt

Biobauern setzen zwar keine Pestizide ein, sondern spritzen vor allem Naturstoffe. Ein Streitpunkt ist der Einsatz von Kupfer, das als Pestizid gilt und hoch dosiert den Boden belastet. Derzeit zählt es mangels Alternativen zu Mitteln, die Ökobauern gegen Pilzbefall nutzen dürfen — allerdings limitiert.

6. Wo Bio drauf steht, ist Bio drin

Wenn ein Produkt das Siegel trägt, sollte es so sein. Doch kein Bioprodukt muss 100-prozentig biologisch sein. Die EG-Öko-Verordnung schreibt nur vor, dass alle verarbeiteten Lebensmittel für ein Bioprodukt zu mindestens 95 Prozent aus ökologisch erzeugten Zutaten bestehen müssen.

7. Bio geht auch billig

Frische Bioware wie Eier oder Obst machte in deutschen Discountern 2012 nach AMI-Statistik 55 Prozent des Umsatzes aus. Lidl und Co. können Bioprodukte in großen Mengen abnehmen und dank ihrer Vertriebsstruktur günstig anbieten. Doch bei der Auswahl geht es strikt nach Preis — ist ein Anbieter zu teuer, fliegt er raus. Ein Produkt mit Bio-Siegel ist in Ordnung. Wer mehr als Öko-Mindeststandard will, muss für einige Waren auch mehr zahlen.

(RP/anch)
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