Allensbach-Studie Immer mehr junge Brillenträger

Düsseldorf/Berlin · Mehr als 40 Millionen Deutsche tragen eine Brille. Das sind fast zwei Drittel der erwachsenen Bundesbürger. Auffallend: Die Zahl der jungen Brillenträger hat sich in den vergangenen 60 Jahren mehr als verdoppelt. Dafür gibt es gute Gründe.

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Während die Zahl der Deutschen, die eine Brille tragen, seit nun fast zehn Jahren nahezu unverändert ist, fallen bei den Ergebnissen, die das Institut für Demoskopie Allensbach ermittelt hat auf, dass sich der Anteil unter den 20 bis 29-Jährigen, die auf eine Sehhilfe angewiesen sind, hat sich in den letzten 60 Jahren mehr als verdoppelt hat.

Nutzten im Jahr 1952 erst rund 13 Prozent der Bevölkerung zwischen 20 und 29 Jahren eine Brille, so sind mittlerweile fast 30 Prozent in dieser Altersgruppe Brillenträger. Bei den Kindern unter 15 Jahren sind es nach Informationen des Berufsverbandes der Augenärzte rund 16 Prozent.

Zurück führt das Kuratorium Gutes Sehen diesen Anstieg auf die veränderten Lebensbedingungen, wie z.B. einer Zunahme der Arbeit am Bildschirm, die präzises Sehen erfordert. "Durch die hohen Ansprüche, die heute an das Sehen gestellt werden, werden schon kleine Sehfehler schneller korrigiert als früher", erklärt Prof. Dr. Christian Ohrloff, Direktor der Universitäts-Augenklinik Frankfurt.

Früh zum Seh-Check rettet das gesunde Sehen

Doch auch frühe Augenuntersuchungen bei Kindern decken heute Sehschwächen frühzeitiger auf. Im Rahmen der normalen Vorsorgeuntersuchengen beim Kinderarzt findet ein kleiner Seh-Check statt, nach dem Auffällige Kinder zum Augenarzt weiterempfohlen werden. Dennoch bleibt Fehlsichtigkeit bei 60 Prozent der Kinder unentdeckt, erklärt Ohrloff. Jedes zehnte Kind sieht schlecht. Mit zum Teil gravierenden Auswirkungen: Manche Kinder können aufgrund von Sehfehlern in der frühen Kindheit ihr räumliches Sehen nicht entwickeln. Ist diese Entwicklung innerhalb eines bestimmten Zeitfensters nicht erfolgt, ist die Chance für immer vertan.

"In der Schule sind das dann vielleicht die Kinder, die den Ball nie fangen", erläutert Ohrloff das Problem, das sich in der Praxis daraus ergeben kann. Nachteilig werden können solche Sehfehler für die Betroffenen auch bei der späteren Berufswahl. Er rät deshalb vor allem in Familien, in der es bereits Brillenträger gibt, dazu unter Angabe der familiären Disposition die Kinder frühzeitig augenärztlich untersuchen zu lassen. Denn über die Hälfte der Sehschwächen sind anlagebedingt. Den Arztbesuch hinausschieben sollte man auch nicht, wenn man vermutet, dass der Nachwuchs schielt, denn in den ersten Lebensjahren kann noch vieles korrigiert werden.

Warum Brillen in Deutschland beliebt sind

Für alle, die trotz frühzeitiger Diagnostik eine Brille benötigen, ist die Situation in Deutschland komfortabel. Die Brille ist für viele zum Modeaccessoire geworden. Sie hat sich nach Auffassung des Kuratoriums Gutes Sehen vom "notwendigen Übel" zum gern getragenen Accessoire und "Persönlichkeitsverstärker" gewandelt.

Das zeigt auch die Studie des Allensbacher Instituts: Viele sind sich des Styling-Potenzials der Brille bewusst. Immerhin 41 Prozent sind der Ansicht, eine Brille mache viele Menschen interessanter. 40 Prozent stimmen der Aussage zu, dass eine Brille die Persönlichkeit unterstreiche. Auf fast jeden Dritten wirken Brillenträger intelligenter. Anders als in den USA. "Dort ist eine Brille übertrieben ausgedrückt so eine Art Prothese und Zeichen der körperlichen Unzulänglichkeit", erklärt Ohrloff. Aus diesem Grund sind dort Laseroperationen weit verbreitet.

Linsen tragen nur wenige

Wenn in Deutschland auch die Zahl der Brillenträger konstant bleibt, fällt an den Ergebnsisen des Allensbacher Instituts auf, dass der Anteil der Menschen, die sich für Kontaktlinsen entscheiden gering ist: Auch, wenn es zwar eine Verdoppelung seit 1993 gibt, sind es im Vergleich zu den Brillenträgern auffallend wenige. Gerade mal 3,2 Millionen Linsenträger stehen gegen 40 Millionen Brillenträger.

Etwas mehr als die Hälfte der Linsenträger — 1,8 Millionen Menschen — tragen ihre Kontaktlinsen regelmäßig. Die anderen 1,5 Millionen wechseln zwischen Brille und Linsen. Diese kommen bei gelegentlichen Nutzern in erster Linie zu "besonderen Anlässen" (71 Prozent) oder beim Sport (61 Prozent) zum Einsatz. Knapp die Hälfte kombiniert ihre Kontaktlinsen mit einer Sonnenbrille. Bei der Arbeit bevorzugen die meisten Fehlsichtigen nach wie vor die Brille. Nur ein Fünftel derjenigen, die hin und wieder zu Kontaktlinsen greifen, tut dies am Arbeitsplatz.

(wat)
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