Das hilft Betroffenen Kälte-Allergie — Todesgefahr im Winter

Düsseldorf/Berlin · Sie kommen mit der Kälte: Quaddeln auf der Haut, die schmerzen als hätte man in Brennnesseln gefasst. Manchen Menschen reagieren allergisch auf Väterchen Frost.

Praktische Hilfen bei Kälte-Allergie
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Foto: dapd, Timur Emek

Die Haut sieht aus wie allergisch gerötet. Das, was wir von außen sehen, sind blasse Quaddeln, die unterschiedlich groß und verschieden angeordnet sind. Die Betroffenen quält brennende Haut oder ein Juckreiz.. Der Volksmund spricht von einer Kälteallergie. Mediziner fassen die sogenannte Kälte-Urtikaria unter die Pseudoallergien. Der Körper schüttet zwar Entzündungsstoffe wie Histamin aus den Mastzellen aus und zeigt so die gleichen Symptome wie bei einer Allergie. Allerdings werden die Mastzellen nicht durch einen echten allergischen Auslöser dazu angeregt, sondern allein durch Kälte.

Was für Kälteallergiker besonders gefährlich ist

Kalte Luft kann ebenso wie kaltes Wasser oder andere kühle Flüssigkeiten zu den Symptomen führen. Und das nicht nur im Winter: Im Sommer wie im Winter kann ein kalter Drink oder eine kalte Dusche die gefürchteten Symptome auslösen, ein Sprung in einen kühlen Swimming-Pool könnte sogar tödlich enden: Denn im schlimmsten Falle kann es zu einem allergischen Schock kommen, der mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand endet. Das könnte auch Kaiser Barbarossa im Jahre 1190 in Anatolien das Leben gekostet haben. Experten schließen nicht aus, dass sein Sprung in einen kalten Fluss nach siegreicher Schlacht einen anaphylaktischen Schock ausgelöst haben könnte, in Folge dessen er starb.

Schwimmen ist bei Kälteallergikern also nur möglich, wenn sie zuvor Medikamente eingenommen haben. Denn beim Schwimmen sind nicht wie beim Winterspaziergang nur einzelne Körperteile der gefährlichen Kälte ausgesetzt, sondern der ganze Körper. Bereits der Gang an die Gefriertruhe ist für Kälteallergiker kein Spaß. Kritisch ist immer der Moment des Wechsels zwischen warm und kalt.

Gefährlich wird es auch nach Information des urtikaria-Netzwerks, wenn die Schleimhaut im Mund- und Rachenraum reagiert und sich verändert. Schwillt sie an, führt das zu akuter Atemnot. Neben den Patienten, die starke Reaktionen zeigen gibt es aber auch solche, die in der Kälte lediglich ein Jucken auf der Haut bemerken. Auch dahinter könnte eine Kälte-Urtikaria stecken.

So können Ärzte die Krankheit diagnostizieren

Das finden Hautärzte oder Allergologen durch spezielle Eiswürfeltests auf der Haut der Betroffenen heraus. Ein spezielles elektrisches Testgerät kann dabei ermitteln, wo die Schwellentemperatur der Haut liegt. "Die maximale Temperatur, die gerade noch zur Quaddelbildung führt, kann bei über 26 Grad Celsius liegen", .schreibt Markus Magerl von der Klinik für Dermatologie der Berliner Charié in der Pharmazeutischen Zeitung zum Thema. Eine solch extreme Reaktion führt zu starken Einschränkungen im alltäglichen Leben. Er geht davon aus, dass in Deutschland rund 30.000 Menschen unter der Kälteallergie leiden.

Das hilft den Betroffenen

Eine durchbrechende Therapie gibt es für die Patienten kaum. "Die derzeit effektivsten Behandlungsstrategien beruhen auf dem vollständigen Meiden von Kälte und auf einer Symptom-unterdrückenden medikamentösen Therapien", erklärt Prof. Dr. Marcus Maurer, Leiter des Allergie-Centrums der Charité in Berlin. Dazu zählt unter anderem die Gabe eines bestimmten Antihistamins, das nach einer Studie der Charité in einer hohen Dosierung den meisten Patienten zu Symptomfreiheit verhalf.

Betroffene finden in Fragen rund um die verschiedensten Ausprägungen der Nesselsucht Hilfe im Patienten-Netzwerk www.urtikaria.net. An dessen Aufbau hat Maurer entscheidend mitgewirkt. Hier finden auch Menschen Hilfe und Unterstützung die unter der Kälteallergie leiden, denn sie ist eine Form der physikalischen Nesselsucht.

Verwandte Krankheiten und Auslöser

Patienten, die eine Kälte-Urtikaria haben, sind doppelt gestraft: Sie neigen grundsätzlich nämlich auch zu anderen Formen der Nesselsucht oder auch Nahrungsmittelallergien. Auf häufigsten tritt die Kälteallergie nach einer Studie, an der Maurer maßgeblich beteiligt war, bei jungen Erwachsenen. In den meisten Fällen kommen die Beschwerden plötzlich und aus heiterem Himmel und treten zunächst stark auf. Innerhalb weniger Tage oder Wochen kommt es dann zur Besserung. Die Patienten, so berichtet Maurer, sprechen darum häufig von einem anfallsartigem Auftreten oder einem Verlauf in Schüben.

Wissenschaftler tappen auf der Suche nach den Ursachen der Kälte-Utikaria noch im Dunkeln. Diskutiert wird allerdings, ob das Pfeiffer‘sche Drüsenfieber, Windpocken, Gürtelrose, Borreliose, Atemwegsinfektionen, entzündliche Prozesse im HNO- oder Zahnbereich oder Masern nicht in Zusammenhang mit dieser Erkrankung stehen könnten.

(wat)
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