Wenn der Mückenstich zum Gesundheitsrisiko wird Männerthema — Krampfadern und offene Beine

Hilden/Bad Bertrich · Venenschwäche ist kein reines Frauenproblem. Auch wenn ungefähr doppelt so viele Frauen Krampfadern haben, kommt es bei Männern ungefähr gleichhäufig zu schweren Entzündungen oder Geschwüren in den Beinen, zeigt eine Datenanalyse des Robert-Koch-Instituts.

Das sollte man über Venen wissen
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Foto: Deutsche Venenliga

Venenerkrankungen sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO ein Volksleiden. Allein in Deutschland leiden rund 32 Millionen Menschen zumindest unter leichten Beschwerden dieser Art. Während Frauen in der Regel beim Facharzt für Venenleiden, dem Phlebologen, den unangenehmen Symptomen wie schweren und geschwollenen Beinen, Spannungsgefühlen und dauernden Wadenkrämpfen in der Nacht nachgehen, warten Männer häufiger erst einmal ab. Und das, obwohl sie ebenfalls die typischen Beinbeschwerden bemerkt haben. Das belegt die als "Bonner Venenstudie" bekannte Untersuchung der Gesellschaft für Phlebologie.

Langsam jedoch ändert sich das Bewusstsein der Männer, schildert Dr. Horst Peter Steffen, Chefarzt der Capio Klinik im Park in Hilden, aus seiner Erfahrung. Was in der Vergangenheit eine geringe Rolle spielte, wird für den modernen Mann immer wichtiger: das Körperbewusstsein. "Hinter Krampfadern sehen Männer häufig kein medizinisches Problem. Sie wenden sich an uns, weil sie die bläulichen Wölbungen an den Beinen optisch stören." Vollkommen anders gingen hingegen oftmals betagtere Männer damit um. "Sie kommen, wenn sie sehr fortgeschrittene Krampfadererkrankungen haben", sagt der Hildener Phlebologe. Hinter den offenkundig unschönen Wölbungen, die die Volkskrankheit hervorruft, stecken erhebliche Risiken.

Von der Krampfader zur Lungenembolie

Denn Krampfadern sind weit mehr als ein kosmetisches Problem. Sie können in einer lebensbedrohlichen Thrombose oder Embolie münden. Rund eine halbe Million Menschen sterben jährlich in Europa an den Folgen von Krampfadern. 30.000 wird allein in Deutschland eine Lungenembolie zum Verhängnis, sagt die Deutsche Gefäßliga. Männer, die bereits eine Thrombose erlitten haben, stehen besonders schlecht da. Bei ihnen ist nach Angaben der Deutschen Venenliga das Risiko, erneut betroffen zu sein um 50 Prozent höher als bei einer Frau.

Die blauen Knötchen, in denen sich Krampfadern an den Unterschenkeln zeigen sind also keine Lappalie. Wer die ersten Hinweise ernst nimmt und sich genauer durch einen Arzt untersuchen lässt, der schützt seine Gesundheit. Lange bevor sich die Krampfadern unschön unter der Haut zeigen, gibt es Hinweise, die darauf hindeuten, dass man selbst zu den Risikopatienten zählt: Häufiger geschwollene Füße, müde, schwere oder schmerzende Beine, auch Besenreiser können als millimeterdünne lila-rote Äderchen unter der Haut schon erste Vorboten sein.

Später zeigen sich gestaute Hautvenen dann gerne an den Knöcheln. Stellt man Veränderungen an den Beinen fest, sollte man sich auf den Weg zum Venenfacharzt machen. Bei tiefer liegenden Stamm- und Verbindungsvenen kann man nämlich Krampfadern mit dem bloßen Auge nicht erkennen.

Ringe von den Socken sind Alarmzeichen

Meist am Abend zeigen sich bei Betroffenen die ersten Warnsignale beim Ausziehen der Söckchen. Es sind Einkerbungen in der Haut zu sehen, wo die Socken aufhörten. Mancher versucht dem Problem auszuweichen, indem er sich Strümpfe mit weitem Bund zulegt. "Doch auch dadurch bleibt das Problem an sich bestehen", erklärt der Chefarzt. Was dann folgt, lässt sich mit dem Aufblasen eines Luftballons vergleichen: Mit der Zeit wird durch die chronische Stauung im Bein die Haut dünner.

Ohne rechtzeitige Therapie kann dieses fortgeschrittene Krampfaderleiden zu entzündeten Venen und offenen Beinen führen. Staut sich das Blut in Beinen und Füßen, kommt es zu einer Ablagerung von Stoffwechselprodukten. Die Haut wird dünn, hart und verletzlich. Das Gewebe ist so geschädigt, dass kleinste Verletzungen schlecht verheilen und sich dadurch Unterschenkelgeschwüre bilden. Schon Bagatellen, wie ein Mückenstich, an dem man kratzt, sagt Steffen, könnten in diesem Stadium zu einem offenen Bein führen. Die Haut ist dann oft gelblich-bräunlich verfärbt und fühlt sich verhärtet an. Auch nächtlichen Wadenkrämpfen sind keine Seltenheit.

Übergewicht, zu wenig Bewegung, viel stehende Tätigkeiten und vor allem die genetische Vorveranlagung sind für das Entstehen der Entstehen verantwortlich. Vorgewarnt sind demnach diejenigen, denen solche Erkrankungen aus der Familie bekannt sind. "Bei rund 50 Prozent aller venenkranken Patienten besteht eine familiäre Veranlagung", sagt Dr. Horst Peter Steffen. Ganz ohne diese entstehen nur selten Krankheiten des oberflächlichen Venensystems.

Mediziner und Fachgesellschaften raten, rechtzeitig zum Venenfacharzt zu gehen. Dann könneman von weitaus schonenderen Behandlungsmethoden profitieren als jene, die unter langem Hosenbein jahrelang den Schmerz und den unschönen Anblick ertragen.

(wat)
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