Karpaltunnelsyndrom zeigt sich oft nachts Wenn der Nerv klemmt

Düsseldorf · Eine nächtlich eingeschlafene Hand ist häufig das erste Anzeichen für einen eingeengten Nerv im Handgelenk. Später sind es Schmerzen in einzelnen Fingern oder sogar dem ganzen Arm. Sie sind typisch für das Karpaltunnelsyndrom.

Mal kribbelt es im Daumen oder im Zeigefinger, mal schläft nachts eine Hand ein. So zeigen sich zaghaft die Symptome, die mit der Zeit immer stärker und vor allem schmerzhaft werden. Jeder zehnte Deutsche leidet unter dem Karpaltunnelsyndrom, bei dem sich der Nerv in Höhe des Handgelenks unangenehm bemerkbar macht, weil er zu hohem Druck ausgesetzt, oder gar eingeklemmt ist. Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer.

Zeitung lesen, telefonieren Haare föhnen oder Fahrrad fahren – es sind immer ähnliche Situationen oder Handhaltungen, in denen die Missempfindungen vor allem in den mittleren Fingern auftreten und schon früh einen Hinweis auf den meckernden Nerv im inneren des Handgelenks geben. Später zeigt sich das Problem auch im Daumen. Betroffene schildern die Beschwerden häufig als nadelstichartig und schmerzhaft. Dann allerdings ist das Karpaltunnelsyndrom schon fortgeschritten. Oft ist eine Überbelastung mit Schuld am eingeklemmten Nerv.

Das Suchen nach der Ursache

Es sind die Gene, die als mögliche Ursache für die lästige Erkrankung in Frage kommen. Ebenso könnte es aber auch eine chronische Sehnenscheidenentzündung sein, aus der sich später das Karpatunnelsyndrom ergibt. Überbelastungen wirken sich nachteilig aus, Einfluss nehmen auf die Entstehung des Leidens neben der Belastung auch chronisch-entzündliche Schwellungszustände.

"Die Beschwerden werden verstärkt durch Überlastung der Hand, zum Beispiel Gartenarbeit oder Renovieren der Wohnung und lassen sich zumindest im Frühstadium durch Lageänderung und besonders durch 'Ausschütteln' bessern", erklären die Deutschen Gesellschaften für Handchirurgie, Neurochirurgie, Neurologie und Orthopädie in ihrer Patientenleitlinie.

Berufliche Überlastung und Arbeit mit häufig abgeknickten Handgelenken forcieren das Problem ebenso wie Handgelenksbrüche oder Schwellungen. Aus diesem Grund tritt das Karpaltunnelsyndrom gerne auch während und nach einer Schwangerschaft aus. In dieser Zeit lagert sich im Körper der werdenden Mutter mehr Wasser ein. Das erhöht den Druck auf den durch den Karpaltunnel verlaufenden Nerv.

Nicht immer muss es behandelt werden

Mit der Zeit können sich die Beschwerden nach der Schwangerschaft wieder legen. Ebenso muss nicht jeder, bei dem das Syndrom diagnostiziert wurde auch daran behandelt werden, so informieren die Deutschen Gesellschaften für Handchirurgie, Neurochirurgie, Neurologie und Orthopädie. "Auch wenn der Neurologe feststellt, die Messwerte seien nicht mehr normal", sei nicht zwangsläufig eine Therapie erforderlich. Wenn jedoch über längere Zeit erhebliche Beschwerden auftreten, sollte man handeln.

Zwar ist die Entscheidung für einen operativen Eingriff niemals leicht, wer jedoch wiederum zu lange wartet, der riskiert einen Schwund der Daumenballenmuskulatur, so beschreibt es der Chirurg Dr. Rene Schumann. Er arbeitet als Oberarzt in der Klinik am Rhein in Düsseldorf. Er beschreibt wie im Endstadium des Karpaltunnelsyndroms das Greifen stark eingeschränkt ist und einzelne Finger und der Daumenballen total gelähmt sein können. Diese Schäden sind irreparabel.

Das kann man gegen das Karpaltunnelsyndrom tun

Ist die Erkrankung im Frühstadium behandlungsbedürftig, lässt sich noch einiges machen: Möglich ist dann noch das Tragen einer Schiene, die das Handgelenk in der Nacht entlastet. "Zumindest kurzfristig hilft es, wenn Kortison direkt in Nähe des Nervs am Handgelenk gespritzt wird. Ob die Injektionen auch dauerhaft helfen, müssten weitere wissenschaftliche Forschungen zeigen. Das zumindest meinte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, nachdem es sich zuletzt 2010 mit dieser Therapiemöglichkeit beschäftigt hatte", erklärt Dr. Ursula Marschall, Leitende Medizinerin der Barmer GEK. Nicht empfohlen werden nach den existierenden Leitlinien Vitamin- oder entzündungshemmende Präparate. Sie sind nach Meinung der Experten auf Dauer ebenso unwirksam wie Laserbehandlungen, Yoga oder Ultraschallbehandlungen.

Werden die nächtlichen Schmerzen zu stark und treten die Gefühlsstörungen in der Hand dauerhaft auf, ist eine Operation meist unumgänglich. "Die Operation ist selbst bei sehr alten Menschen oder Schwangeren möglich. Sie beseitigt die Ursachen der Erkrankung nachhaltig", sagt Medizinerin Dr. Marschall. Operiert wird zumeist ambulant bei örtlicher Betäubung oder einer kurzen Narkose. In den meisten Fällen ist die Hand nach zwei bis drei Wochen wieder einsatzfähig. In den ersten Tagen nach der Operation machen Medikamente und Kälteanwendungen die Schmerzen der OP-Wunde erträglicher. "Der Erfolg ist überzeugend: In den meisten Fällen beseitigt die Operation lebenslang die Beschwerden", so die Ärztin.

(wat)
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