Medizinische Maßnahmen Abstehende Ohren korrigieren lassen

Hamburg · Belustigte Blicke der Kollegen, gehässige Bemerkungen der Mitschüler: Menschen mit abstehenden Ohren haben oft unter den Reaktionen anderer zu leiden. Auch unter der Prominenz gibt es bekannte Fälle. Eine Operation kann ein Ausweg sein.

Prinz Charles ist wohl der prominenteste Vertreter für abstehende Ohren. Auch der Schauspieler Dominik Horwitz hat sie und trägt sie selbstbewusst als sein Markenzeichen. Doch nicht jeder möchte damit leben. So gestand die Schauspielerin Jutta Speidel kürzlich, dass sie sich mit 18 die Ohren habe anlegen lassen. Der Eingriff zählt nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) zu den 15 häufigsten kosmetischen Operationen. Bei Kindern bis 14 Jahren übernimmt meistens die Krankenkasse die Kosten.

Gründe zur Operation

Meistens sei es die Furcht vor Hänseleien, die Eltern mit ihren Kindern kurz vor der Einschulung in seine Hamburger Praxis führten, sagt Ulrich Machate vom Deutschen Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte. Die zweite große Patientengruppe seien junge Erwachsene, die endlich etwas an ihrem Aussehen verändern wollen und deren Eltern den Eingriff früher womöglich nicht erlaubt haben, ergänzt DGÄPC-Vorstandsmitglied Torsten Kantelhardt.

Doch ab wann lässt sich überhaupt von "Segelohren" sprechen?
Manche Mediziner messen bei dieser Frage nach, um eine objektive Antwort zu geben. Betrage der Abstand von der Knochenregion hinter dem Ohr bis zur Ohrkante mehr als 20 bis 25 Millimeter, "dann steht das Ohr deutlich ab", sagt etwa Prof. Wolfgang Gubisch von der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen. Laut Kantelhardt gilt ein Winkel von mehr als 35 bis 40 Grad zwischen Ohrmuschel und Schädelknochen als "andersartig".

Nur ein kosmetischer Makel

Viel wichtiger als solch ein Maß ist das subjektive Empfinden. Daher müsse immer genau abgeklärt werden, was hinter dem Wunsch der Ohrenkorrektur steckt, sagt der HNO-Arzt mit der Zusatzqualifikation Plastische Operationen.
Denn um eine Krankheit handele es sich bei abstehenden Ohren grundsätzlich nicht. "Erwachsene muss man manchmal mehrmals einbestellen, um herauszufinden, ob nicht ein anderes psychologisches Problem dahinter steckt", fügt Kantelhardt hinzu. Die einzige Alternative zur OP sei, mit abstehenden Ohren zu leben.

"Wenn ein Kind sich nicht daran stört, sollten Eltern nicht sagen, wir lassen die Ohren trotzdem richten", ergänzt Gubisch. Er sieht in abstehenden Ohren aber eine wirkliche Fehlbildung, nicht nur einen kosmetischen Makel. "Wenn das Kind schon im Kindergarten gehänselt wird, sollte man die Ohren vor der Einschulung korrigieren", rät er.

Das ist ohnehin der frühestmögliche Zeitpunkt. Denn nach dem sechsten bis siebten Lebensjahr wachsen die Ohren eines Menschen nicht mehr besonders stark. "Dann besteht auch keine große Gefahr mehr, dass die Narbe sich aufweitet oder die Narbenbildung schlecht verläuft", erläutert Kantelhardt.

Damit die Krankenkasse bei Kindern bis 14 Jahren die Kosten übernehmen, muss eine "psychische Beeinträchtigung" vorliegen, wie Machate erläutert. Die Kassen behielten sich vor, das mit einem psychologischen Gutachten zu überprüfen. Erwachsene müssen die Korrektur selbst zahlen. Meist werden zwischen 1500 und 2500 Euro für beide Ohren fällig.

Selbstbewusster durch ein symmetrisches Erscheinungsbild

Nach der Art und Weise, wie das Ohr absteht, richtet sich die Operation. Man unterscheidet zwischen zwei Optionen. "Entweder der innere Ohrknorpel ist sehr stark muschelförmig geformt, und das Ohr steht dadurch ab", sagt Chirurg Kantelhardt. Dann müsse etwas Knorpel entfernt werden. "Oder die Biegungsfalte im Knorpel hinter dem Ohr ist nicht richtig gebogen." In diesem Fall könne der Knorpel durch Einschnitte geschwächt werden. Da er aber sehr elastisch sei, werde seine neue Form mit Fäden fixiert. Sonst würde das Ohr bald wieder seine ursprüngliche Position einnehmen.

Operiert werden Kinder Gubisch zufolge unter Vollnarkose, Erwachsene meist unter örtlicher Betäubung. Dabei hören sie allerdings den gesamten OP-Verlauf mit. Wer das nicht möchte, könne sich in einen Dämmerschlaf versetzen lassen.

Nach der Operation muss der Patient für etwa eine Woche einen Kopfverband tragen. Danach können meist auch die Fäden gezogen und die Haare wieder gewaschen werden, wie Machate erläutert. "Sechs Wochen lang sollte man außerdem Verletzungen vermeiden, etwa, dass das Ohr beim Schlafen am Kopfkissen abknickt." Um das zu verhindern, bekommt der Patient ein Stirnband, das die Ohren in der Nacht schützt. Gubisch empfiehlt, es für mindestens zwei bis drei Monate zu tragen. Tabu sind in den ersten drei bis vier Wochen wegen der Verletzungsgefahr nach der OP vor allem auch Kontaktsportarten.

Da die Ohren nach der OP enger am Kopf sitzen, muss sich der Patient Machate zufolge darauf einstellen, dass sie sich zunächst insgesamt steifer anfühlen. Manchmal könne es außerdem sein, dass sich die Haut am Ohr vorübergehend taub anfühlt. "Auch das ästhetische Ergebnis kann unbefriedigend sein: Ein ganz symmetrisches Erscheinungsbild wird nicht immer erreicht", gibt Gubisch zu bedenken. Wie bei jeder Operation besteht darüber hinaus die Gefahr, dass sich die OP-Wunde infiziert und nicht richtig heilt. Bei Kindern bilden sich außerdem manchmal überschießende Narben.

(dpa)
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