Düsseldorf Nur jedes dritte Kleinkind gegen Masern geimpft

Düsseldorf · Forscher schlagen Alarm gegen die wachsende Impfmüdigkeit der Deutschen. Dabei gelten Masern als hochansteckende Krankheit.

In Deutschland sind Impfungen gegen Masern selten geworden. Nur 37 Prozent der Kinder erhalten vor ihrem zweiten Geburtstag die empfohlene Doppel-Impfung, erklärten Wissenschaftler vom Versorgungsatlas der kassenärztlichen Vereinigungen. Am schlechtesten seien die Impfquoten in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin und Bremen. Aber auch in Nordrhein-Westfalen sind viele Kinder ungeimpft, wie bei verschiedenen Krankheitswellen in einzelnen Schulen festgestellt wurde.

Versteckte Ansteckungsgefahr

Forscher warnen davor, die Impfungen auszulassen. Masern gelten als eine der ansteckendsten Krankheiten überhaupt. Schwere Komplikationen sind selten, aber es gibt sie. Im Juni starb ein 14-Jähriger an den Spätfolgen einer Infektion. Er hatte sich als Säugling in einem Wartezimmer mit Masern angesteckt, weil ein nicht geimpftes Kleinkind die Krankheit weitertrug. Auch ein als Säugling angestecktes Mädchen starb Jahre später durch diese Wartezimmer-Infektion. Die Forscher vom Versorgungsatlas haben in ihrer Erhebung die Daten von mehr als 550 000 Kindern ausgewertet, die im Jahr 2008 geboren wurden.

"Impflücken bei Kleinkindern können beispielsweise in Kindertagesstätten fatale Folgen haben, wenn die Infektion bei einem lokalen Masernausbruch eingeschleppt wird", warnte die Leiterin der Forschergruppe des Versorgungsatlas, Sandra Mangiapane. Bei drei bis fünf Prozent der Kinder schlage die erste Impfung zudem nicht an, weshalb die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts eine Zweitimpfung dringend empfiehlt.

Ganze Schule erkrankt

Wie gefährlich die Krankheit sein kann, zeigte ein Fall in NRW. Dort war erst in der vergangenen Woche eine ganze Waldorf-Schule in Erftstadt bei Köln tagelang wegen Masern geschlossen worden. An der Schule gab es laut Gesundheitsamt 39 Erkrankte und Verdachtsfälle, darunter auch eine 38 Jahre alte Mutter. Bislang durften nur die Lehrer und Schüler den Unterricht wieder aufnehmen, die einen Impfpass vorzeigen oder einen ausreichenden Immunstatus durch eine Laboruntersuchung nachweisen konnten. Dabei stellte sich heraus, dass nur ein Viertel der rund 400 Schüler gegen Masern geimpft war. Die nicht geimpften Kinder müssen der Schule noch eine Woche lang fernbleiben.

Walter Kern, Gesundheitsexperte der CDU im Landtag, forderte die NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) auf, dem Landtag einen Bericht über die Verbreitung der Masern in NRW vorzulegen. "Ich erwarte zudem eine landesweite Aufklärungskampagne über die erheblichen Risiken von Masern-Erkrankungen", sagte Kern. "Eltern müssen wissen, dass sie nicht nur die Gesundheit ihres eigenen Nachwuchses, sondern auch die von anderen Kindern gefährden, wenn sie ihr Kind nicht impfen lassen", erklärte der Unions-Politiker.

Arif Ünal, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag warnte ebenfalls vor den Risiken der geringen Impfbereitschaft. "Hinzu kommt, dass zahlreiche Kinder immunologisch nicht in der Lage sind, mit der Infektion eigenständig fertig zu werden", sagte Ünal. Die Entscheidung bleibe aber den Eltern überlassen. NRW-Gesundheitsministerin Steffens sprach sich für eine sachliche Auseinandersetzung über die richtige Prävention aus.

(RP)
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