Bundesversicherungsamt Wie die Krankenkassen mit Ärzten tricksen

Berlin · Das Bundesversicherungsamt will bei Abrechnungstricksereien von Krankenkassen und Ärzten künftig härter durchgreifen. Die Behörde droht jenen Kassen mit dem Staatsanwalt, die versuchen, die Abrechnung von Ärzten zu beeinflussen.

Diese Rechte haben Patienten ab 2013
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Foto: dpa, Friso Gentsch

Immer wieder versuchen einzelne Krankenkassen den Ärzten nahezulegen, dass sie in ihren Abrechnungen bestimmte Krankheiten angeben. Dahinter steht ein wirtschaftliches Interesse der Kassen: Sie erhalten je nach Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand ihrer Versicherten einen bestimmten Betrag aus der gemeinsamen Geldsammelstelle aller gesetzlichen Kassen, dem Gesundheitsfonds.

Beispiel: Wenn der Arzt eine Depression diagnostiziert, kann die Kasse zur Versorgung des Patienten mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds erhalten, als wenn nur eine depressive Verstimmung festgestellt wird. Insgesamt gibt es 80 Krankheiten von Aids über Krebs bis hin zu Hautinfektionen und Knochenentzündungen, bei denen die Kassen pro Versichertem einen Zuschlag erhalten. Auch für Schwangere gibt es zusätzliches Geld.

Vereinzelte Fälle gezielter Manipulation

Bei den Praxisärzten stellte das Bundesversicherungsamt im vergangenen Jahr innerhalb einer Kassenärztlichen Vereinigung Auffälligkeiten bei allen Kassen im Abrechnungsgebiet fest. Im Krankenhausbereich wurden drei Kassen beim Manipulationsversuch erwischt. Darunter waren nach Auskunft eines BVA-Sprechers eine große AOK, eine mittlere Betriebskrankenkasse und eine kleine regional tätige Kasse. Bislang sei die Behörde allerdings nur vereinzelt auf Fälle gezielter Manipulation durch die Kassen gestoßen.

Grundsätzlich kontrolliert die Aufsichtsbehörde nur das Verhalten der Kassen. In das ärztliche Urteil kann und darf sich das Versicherungsamt nicht einmischen.

Das Problem gefälschter Patientendaten besteht seit Einführung des Gesundheitsfonds im Jahr 2009. Seitdem wird das Geld für die Krankenkassen zentral mit Zu- und Abschlägen nach Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand verteilt. Die Summen, die Krankenkassen für Versicherte erhalten, fallen sehr unterschiedlich aus.

Grundsätzlich stehen den Kassen für jeden Versicherten pro Monat rund 209 Euro zur Verfügung. Für junge, gesunde Menschen erhalten sie weniger, für Alte und Kranke mehr. Beispiel: Für einen 36-Jährigen ohne Vorerkrankung gibt es eine monatliche Zuweisung von rund 63 Euro. Für eine 78-Jährige mit Diabetes, Osteoporose und Herzinsuffizienz zahlt der Gesundheitsfonds monatlich 376 Euro an die Krankenkasse.

Trotz dieser Unterschiede sind die jungen und gesunden Versicherten bei den Kassen beliebter, weil in vielen Fällen die Versorgung der Kranken die Höhe der Zuweisungen überschreitet.

(qua)
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