Rückenprobleme Wenn die Bandscheibe im Rücken zwickt

Düsseldorf (RPO). Mehr als 60 Prozent der Deutschen kennen es gut: das Kreuz mit dem Rücken. Rückenschmerzen zählen mittlerweile zu den Hauptvolkskrankheiten und sind nicht nur eine Begleiterscheinung des Alters. In der Regel gilt: Wenn's nach zwei Tagen nicht besser wird, können ein Bandscheibenvorfall oder Verschleißerscheinungen die Ursache sein.

 Wer Bauch- und Rückenmuskulatur vernachlässigt, setzt seine Wirbelsäule mächtig unter Druck, weiß Orthopäde Andreas Gassen.

Wer Bauch- und Rückenmuskulatur vernachlässigt, setzt seine Wirbelsäule mächtig unter Druck, weiß Orthopäde Andreas Gassen.

Foto: RP, Andreas Bretz

Dorit G. ist wieder zum Heulen zumute. Beim Aufstehen schießt ihr der Schmerz vom unteren Rücken bis in den Fuß. Sie ist 30 Jahre alt und fühlt sich reif für die Rente. Gebeugt humpelt sie "wie eine Oma" - und sucht nach Schmerztabletten. Solche oder ähnliche Erlebnisse kennt Dorit G. seit Wochen.

60 Prozent der deutschen Bundesbürger leiden einmal im Jahr unter Rückenschmerzen. Warum? "Eine der Ursachen ist der Aufbau des menschlichen Skeletts", sagt der Düsseldorfer Orthopäde Andreas Gassen. Weil viele ihre Bauch- und Rückenmuskulatur etwa durch zuviel Sitzen vernachlässigen, entsteht eine Schwachstelle am Übergang zwischen Lendenwirbelsäule und Kreuzbein. Das Gewicht des gesamten Oberkörpers lastet dort auf der unteren Kurve der S-förmig geschwungenen Wirbelsäule - Quelle vieler Schmerzen. Wer den Druck auf die Wirbelsäule außerdem abrupt steigert, indem er eine Getränkekiste hebt, hat deshalb schnell einen "Hexenschuss".

Doch der stechende Schmerz im unteren Rücken muss nicht immer gleich ein Bandscheibenvorfall sein. Oft sind es Muskelverspannungen, die schmerzhaft auf die Nerven drücken. "Da braucht man nicht unbedingt zum Arzt gehen", sagt Gassen. Schonung und Wärme reichen häufig aus, um die Verspannungen zu lösen. Indes: "Wenn Taubheitsgefühle oder Lähmungen auftreten, sollte man dringend ärztlichen Rat suchen. Zum Beispiel, wenn man seinen Fuß nicht mehr heben kann", sagt Gassen.

Auch wenn der Schmerz nach ein bis zwei Tagen nicht nachlässt, sollte man zum Arzt gehen. Fehlstellungen des Beckens, ein Bandscheibenvorfall, Verschleiß der Wirbelgelenke oder (in seltenen Fällen) sogar ein Tumor - es gibt viele Störungen, die zu dauerhaften Schmerzen führen können. In chronischen Fällen empfiehlt sich ein Gang zum Orthopäden: "Sie können die Störungen am besten beurteilen und verfügen über die notwendigen Geräte", so Gassen.

Noch am selben Morgen sitzt Dorit G. im Sprechzimmer ihrer Ärztin. Diese stellt - wie schon oft - gezielte Fragen, tastet den Rücken ab und prüft die Funktion der Nerven. Normalerweise lässt sie jetzt eine Röntgenaufnahme des betroffenen Wirbelsäulenbereichs anfertigen. Heute nicht: Weil die Rückenschmerzen so oft auftreten, vermutet die Ärztin einen Bandscheibenvorfall. Sie überweist Dorit G. zur Computertomographie, eine spezielle Röntgenuntersuchung, bei der dreidimensionale Bilder der Wirbelsäule gemacht werden. Dann stellt sie eine Krankschreibung aus.

Die Folgen von Rückenschmerzen verursachen volkswirtschaftlichen Kosten von etwa 20 Milliarden Euro pro Jahr, schätzen Experten. Eine Studie der Orthopädischen Klinik an der Universität Heidelberg zeigt, dass Berufe mit körperlicher Arbeit besonders betroffen sind. Lehrer, Ingenieure oder Ärzte haben seltener Rückenschmerzen. Doch auch Stress oder Depression spielen beim Thema Rücken eine große Rolle. Heidelberger Wissenschaftler fanden heraus, dass Rückenpatienten, die eine Psychotherapie erhielten, später deutlich weniger Schmerzen hatten.

Die Computertomographie zeigt, dass Dorit G. zwischen zwei Lendenwirbeln einen Bandscheibenvorfall hat. Muss sie operiert werden? Andreas Gassen beruhigt: "Heute wird eher selten an den Bandscheiben operiert." Nur wenn es zu dauerhaften Nervenausfällen kommt, sei dies notwendig. Dorit G. bekommt eine Spritze. Sobald die Schmerzen weg sind, wird sie mit einem Muskeltraining beginnen.

Mehr Informationen zum Thema Bandscheibenvorfall gibt es hier.

(born)
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