Hunderte Mikroorganismen in Muttermilch Muttermilch für Babys noch besser als bislang bekannt

Madrid/Düsseldorf · Rund 95 Prozent der Frauen entscheiden sich nach der Entbindung für das Stillen. Aus gutem Grund, denn Muttermilch enthält alle für das Wachstum und die gesunde Entwicklung des Babys nötigen Nährstoffe in der individuell richtigen Zusammensetzung. Spanische Forscher fanden jetzt heraus, dass die Muttermilch noch vielfältiger zusammengesetzt ist als bisher angenommen.

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Foto: dpa, Patrick Pleul

Muttermilch ist exakt auf die Bedürfnisse im Lebensalter des Babys zusammengesetzt. Trotz aller Bemühungen der industriellen Ersatzmilcherzeuger ist sie in ihrer Zusammensetzung bislang unkopiert. Damit fließt dem Baby mit der Muttermilch weit mehr als pure Nahrung in den Leib. Neben den nötigen Nährstoffen erhält das Neugeborene einen Krankheitsschutz inklusive und ebenso das Rüstzeug gegen Allergien. "Muttermilch ist wohlschmeckend, immer richtig temperiert und zudem noch äußerst kostengünstig", propagiert der Deutsche Hebammenverband schon seit langem.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, jedes Baby sechs Monate ausschließlich zu stillen. Danach könne neben geeigneter Beikost bis zum Ende des 2. Lebensjahres und darüber hinaus weiter gestillt werden, solange, wie Mutter und Kind es wollen. Über die Muttermilch bekommt der Säugling Antikörper aus früheren Krankheiten wie zum Beispiel gegen Masern oder Windpocken, ebenso aber auch solche aus aktuellen Infekten.

Muttermilch noch reichhaltiger als gedacht

Was die Gesundheitsexperten allerdings bislang nicht wussten ist, dass die Milch der Mutter weit mehr Mikroorganismen enthält als bisher gedacht. Die Anzahl der positiv wirkenden Bakterien unterscheidet sich zwar von Frau zu Frau, doch im Schnitt tummeln sich in der Muttermilch rund 700 Bakterien, so das Ergebnis spanischer Forscher. Wie sich die Bakterienflora des Neugeborenen entwickeln wird, hängt von der Zusammensetzung der Bakterien der Muttermilch ab, die es bekommt. So fanden die Forscher auch heraus, dass weniger Bakterien und zudem auch eine geringere Vielfalt der Bakterienarten vorhanden ist, wenn die stillenden Frauen übergewichtig sind. Nachteilig auf die Zusammensetzung der Milch wirkt sich aus, wenn die Frau per Kaiserschnitt entbunden hat. Besonders nach einem geplanten Kaiserschnitt zeigte sich ein Unterschied zur Milch von Frauen, die vaginal entbunden hatten.

Die Forscher fanden auch heraus, dass sich äußere Faktoren wie Stress auf die mikrobielle Zusammensetzung auswirken. Ziel der Wissenschaftler ist es nun, diese Erkenntnisse in die Produktion industriell gefertigter Säuglingsnahrung einzubringen und so die industrielle Nahrung in Hinblick auf allergie- und krankheitsschützende Wirkung zu optimieren. Bei einer wachsenden Zahl von Allergikern ist das ein wünschenswertes Ansinnen, das aber letztlich das Stillen — sofern es möglich ist — nicht ersetzen kann. Denn Stillen hat weit vielfältigere positive Wirkungen als das bloße Versorgen des Neugeborenen mit Nahrung.

Stillen tut auch der Mutter gut

"Auch die Mutter selbst profitiert vom Stillen. Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass eine Mutter, die möglichst nach der WHO Empfehlung stillt, im Alter seltener an Osteoporose leidet, ihr Risiko für Brust-, Eierstocks- und Gebärmutterkrebs reduziert, ein geringeres Risiko für Depressionen hat und ihr Risiko für Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes Typ II senkt", erklärt der Deutsche Hebammenverband. Erst jüngst belegte eine Studie des Helmholtz-Zentrums in München, dass Frauen, die an Schwangerschaftsdiabetes litten und ihr Kind gestillt haben, auf lange Sicht ihr Risiko an Diabetes zu erkranken um 40 Prozent senken können. Statistisch gesehen entwickelt ansonsten jede zweite Frau mit Schwangerschaftsdiabetes innerhalb von zehn Jahren nach der Entbindung einen Typ-2-Diabetes.

Durch das Stillen wird außerdem die Uterusmuskulatur angeregt, was zu einer schnelleren Rückbildung der Gebärmutter führt. Der Berufsverband der Frauenärzte sowie die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie betonen, dass der Körperkontakt zwischen Mutter und Kind ausgesprochen wichtig ist. Beide können so eine besondere emotionale Verbindung zueinander aufbauen. "Mit diesem Prozess wird bereits ein Grundbaustein für die menschliche Bindungsfähigkeit und eine normale psychosoziale Entwicklung gelegt", sagt der Berufsverband der Frauenärzte. Weiterer Vorteil gestillter Babys ist, dass sie weniger Bauchschmerzen haben als nicht gestillte Kinder. Denn nach Auskunft der LaLeche Liga regt die Muttermilche den Darm des Babys an. Das zeigt sich optisch in der Ausscheidung des Neugeborenen. Stillstuhl ist weich, Stuhl nach der Gabe von Ersatzmilch hingegen fester.

(wat)
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