Freizeit als Stress Warum werden viele im Urlaub plötzlich krank?

Düsseldorf (RPO). Es ist schon ärgerlich. Gerade wenn die Ferien beginnen und der Urlaub ansteht, werden viele plötzlich von Erkältungen, Magen-Darm-Erkrankungen, Kopfschmerzen und in schweren Fällen sogar von depressiven Verstimmungen geplagt. Dabei sollten Ferien nach der langen und anstrengenden Arbeitszeit wohltuend für Körper und Geist wirken.

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Foto: ABDA

Ironischerweise ist bei vielen gerade die Freizeit ein Stressfaktor, mit dem ihr Körper nicht umgehen kann. Die Folge: Kaum hat der Urlaub begonnen, werden sie krank. Dr. Michael Kersten vom Ärztezentrum der Techniker Krankenkasse erklärt die Ursachen: "Unser Immunsystem funktioniert noch nach den alten Mechanismen der Entwicklungsgeschichte. Damals wurde es nach oben gepuscht, sobald sich Menschen in körperlicher Gefahr befanden. Heute müssen wir zwar nicht mehr vor wilden Tieren fliehen, aber dafür haben wir psychischen und physischen Stress in der Arbeitswelt."

In diesen alltäglichen Stresszuständen werden Stresshormone wie Cortison, Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet. Ist der Stress vorbei, wird diese Abgabe von Hormonen deutlich verringert, das Immunsystem arbeitet nicht mehr auf Hochtouren. Machen wir uns also nach einer stressigen Arbeitsphase bewusst, dass es Wochenende ist oder wir Ferien haben und in Urlaub fahren, ist das Immunsystem nicht mehr so stark und wir werden automatisch anfälliger für Viruserkrankungen und Infekte, so der Arzt. Erkältungen oder Magen-Darm-Erkrankungen sind programmiert, wenn die stressfreie Phase zu abrupt eintritt.

"Viele suchen sich auch ziemlich exotische Reiseziele aus", so Kersten. Dann sei der berühmte Reisedurchfall typisch. "Es gibt so viele verschiedene Krankheitserreger. Einheimische sind meist immun, aber Touristen oftmals nicht", erklärt Dr. Michael Kersten.

Der Psychologe Adrian Vingerhoets von der niederländischen Universität Tilburg hat in einer Studie tatsächlich herausgefunden, dass viele Menschen mit Kopfschmerzen und anderen ähnlichen Leiden in den Urlaub starten. Dazu befragte er vor ein paar Jahren 1128 Männer sowie 765 Frauen. Drei Prozent dieser Teilnehmer hatten am Wochenende und auch im Urlaub regelmäßige Kopfschmerzen, grippale Infekte oder auch depressiven Verstimmungen. Die "Leisure"- Krankheit lässt grüßen. Die Betroffenen werden "Freizeitkranke"genannt. Pünktlich zu Beginn der ersten Urlaubswoche leiden sie unter Erkältungen, grippalen Infekten oder Schmerzen.

Es handelt sich zumeist um leitende Angestellte, die viel Verantwortung haben. Sie sind im Urlaub plötzlich mit einer inneren Leere konfrontiert und können oftmals nur durch Kontaktaufnahme zu dem Arbeitsfeld davor flüchten. Sie haben sonst ein Überflüssigkeitsgefühl, wie Michael Kersten es nennt. Das erklärt auch, warum viele von ihnen im Urlaub einfach nicht abschalten können und deswegen mit Handy und Laptop bewaffnet durch die Gegend schwirren. Abschalten stellt sich offenbar für viele als eine große Herausforderung dar.

Es gibt bereits Firmen, die ihren Mitarbeitern verbieten, sie aus dem Urlaub telefonsich zu kontaktieren. Doch besonders die Mitarbeiter mit hohem Berufsstatus, die es gewöhnt sind, unter dauernder Anspannung zu sein, fallen dann in ein Loch. Schewere depressive Stimmungen sind oftmals die Folgen, so Kersten.

Was tut mal also, um sich vor solchen unerwünschten Nebenwirkungen des Urlaubs zu schützen? Wie Experten der NZZ Online erklärt, wäre ein nicht zu abruptes und vor allem nicht zu intensives Arbeitsende ideal. Ein "Einschleichen" in die Ferien wäre also ratsam.

Für die Betroffenen der Freizeitkrankheit wäre es wohl gut, sich ab und zu im aktiven Abschalten zu trainieren. Abschalten will eben gelernt sein.

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