About a Boy Geheimagentin für Rastalocken-Träger

Fantasialand (RPO). Unser Kolumnist sieht einen Dokumentarfilm, in dem eine ansehnliche Geheimagentin chattet und Sex in Aussicht stellt. Außerdem erklärt er, warum Jugendliche mit Rastalocken Außenspiegel abbrechen.

Ich habe den Hass für mich entdeckt. Wie jeder gute Hass ist er grundlos. Ich war auf einer Party. Es ging wohl um Silvester. Dort waren Menschen, die Chucks trugen und alte Jeans. Sie hörten Beatmusik. Einige hatten Rasta-Locken. Die hasse ich fortan.

Ich habe einen Dokumentarfilm gesehen. In dem Dokumentarfilm hat niemand Geschlechtsverkehr, aber ein Messer im Rücken. Das ist auch interessant.

Das ist der Inhalt: Der 14-jährige Fritz lernt in einem Chatroom den 16-jährigen Hans kennen. Rasch schreiben sie sich regelmäßig. Einige Monate später trifft Fritz im Chatroom eine Frau. Sie sagt, sie sei Geheimagentin und wolle ihn anwerben. Zur Belohnung gebe es Geld und Sex mit ihr. Sie sagt, sie sei 44, aber ansehnlich.

Fritz' erster Auftrag lautet: Hans beschützen. Dieser sei einer der wenigen Menschen, der wisse, dass und wo am Grund des Atlantiks ein Safe mit unglaublich viel Gold lagere. Fritz schätzt die Lage sehr realistisch ein und nimmt den Auftrag an. Er glaubt auch, dass die Frau noch ansehnlich aussieht.

Fritz trifft also Hans und beschützt ihn einige Wochen, sie werden Freunde. Dann schreibt ihm die Geheimagentin wieder: Du musst Hans töten. Fritz, der immer noch findet, dass die Frau ansehnlich aussieht, lockt also Hans in eine einsame Gasse und sticht mit einem Messer auf ihn ein. Dann kommen ihm Zweifel und er ruft die Polizei. Jemand habe seinen Freund niedergestochen.

Hans überlebt, die Polizei findet schnell heraus, dass Fritz der Täter ist. Der erzählt der Polizei die Geschichte mit der Geheimagentin. Beamte durchsuchen seinen Computer und stellen fest: Der Junge hat Recht. Einige Wochen später wissen sie auch, wer die Geheimagentin ist: Hans. Denn Hans hat die Geheimagentin erfunden, weil er sterben wollte.

Als ich die Auflösung erfuhr, lief mir ein Schauer über den Rücken. Was sich das Leben so alles einfallen lässt, um im Gespräch zu bleiben.

Ich will auch so eine Geschichte entdecken. Doch dort, wo ich wohne, stechen sich die Menschen nicht mit Messern ab. Dazu sind sie viel zu sehr mit Kegeln und ZDF gucken beschäftigt. Das häufigste Verbrechen ist ein anderes: Außenspiegel abbrechen. An einem Tag meldete die Polizei gleich dreimal, dass jemand Außenspiegel abgebrochen hatte. Es war ein Außenspiegel-Massaker und niemand war beunruhigt.

Ich werde herausfinden, warum Menschen zu Außenspiegel-Abbrechern werden. Gut, ich habe die Geschichte bereits geschrieben, ich suche nur noch jemanden, der diese Geschichte erlebt hat.

Sie geht so: Der 14-jährige Peter trägt Rasta-Locken und ist außerordentlich dumm. Er lernt in einem Chatroom den 16-jährigen Kurt kennen. Rasch schreiben sie sich regelmäßig. Einige Monate später trifft Fritz im Chatroom eine Frau. Sie sagt, sie sei Geheimagentin und wolle ihn anwerben. Zur Belohnung gebe es Geld und Sex mit ihr. Sie sagt, sie sei 44, aber ansehnlich.

Peters erster Auftrag lautet: Er soll ein Auto bewachen. In diesem sei der Computer versteckt, der wisse, dass und wo am Grund des indischen Ozeans ein Safe mit unglaublich vielen Diamanten lagere. Peter, der Rasta-Locken trägt, schätzt die Lage dumm wie Bohnenstroh ein und nimmt den Auftrag an. Er glaubt auch, dass die Frau noch ansehnlich aussieht.

Peter geht also zum Auto und beschützt es einige Wochen, sie werden Freunde. Dann schreibt ihm die Geheimagentin wieder: Du musst das Auto zerstören. Peter, der immer noch findet, dass die Frau ansehnlich aussieht, fährt also das Auto in eine einsame Gasse und bricht ihm die Außenspiegel ab. Dann kommen ihm Zweifel und er ruft die Polizei. Jemand habe die Außenspiegel eines Autos abgebrochen.

Das Auto überlebt, die Polizei findet schnell heraus, dass Peter der Täter ist. Der erzählt der Polizei die Geschichte mit der Geheimagentin. Beamte durchsuchen seinen Computer und stellen fest: Der Junge hat Recht. Einige Wochen später wissen sie auch, wer die Geheimagentin ist: das Auto alias Kurt. Denn das Auto hat die Geheimagentin erfunden, weil es sterben wollte.

Es muss aber ein Neuwagen sein. Sonst glaubt mir niemand die Geschichte.

Sebastian Dalkowski veröffentlicht jeden Freitag die Kolumne "About a Boy". Seine bessere Gesichtshälfte hat Andreas Krebs fotografiert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort