Luke Mockridge Muss der sein?

Der Comedian Luke Mockridge moderiert ab Freitag seine erste eigene TV-Sendung. Ob es lustig wird, ist noch keine ausgemachte Sache.

 Luke Mockridge will mit dir eine Party feiern. Feierst du mit?

Luke Mockridge will mit dir eine Party feiern. Feierst du mit?

Foto: Stephan Pick

Im Dezember 2014 saß Luke Mockridge in einem Stuhlkreis mit älteren Menschen und tat etwas, was er nur ungern macht: Nicht authentisch sein. Der Comedian war zu Gast bei der Aufzeichnung der NDR Talkshow, neben Jörg Pilawa, Bastian Pastewka und Leslie Malton. Mockridges Antworten waren nicht spontan, sondern in großen Teilen seinem Programm entnommen. Dafür hatte ihn der Sender schließlich gebucht. Dass er lustig ist. Bloß keine ernsthaften Antworten. Und so erzählte er dort der Moderatorin Barbara Schöneberger die Geschichte, die er auch in seinem Programm häufiger erzählt: Dass ihn seine Freundin betrogen habe, in seinem eigenen Bett, mit seinem besten Kumpel, er aber schnell dahintergestiegen sei. "Du wirst halt wach irgendwann." Was auf der Bühne seine Berechtigung hat — die Flunkerei, die Übertreibung, die Erfindung — wirkte in der Talkshow fremd. Nicht authentisch eben.

Wenn Luke Mockridge am heutigen Freitag zum ersten Mal mit seiner Show "Luke! Die Woche und ich" zu sehen sein wird, setzt Sat.1 auf diese Authentizität, um eine Zielgruppe zu erreichen, mit der alle Sender so ihre Schwierigkeiten haben: Menschen unter 30. Mockridge ist eben niemand, der sich zu den jungen Leuten herablassen muss, sondern authentisch einen 25-Jährigen gibt, weil er eben 25 Jahre alt ist. Schon bei seinen Auftritten als Standup-Comedian hat man nicht eine Sekunde das Gefühl, dass Mockridge jemanden darstellt, sondern so ziemlich genau der ist, der er auch im Privaten ist. "Auf der Bühne bin ich Luke mit Verstärker auf 11", sagt er.

Auch seine Fernsehshow soll vor allem von seiner Persönlichkeit getragen werden. "Wir versuchen in der Show die Symbiose aus anarchischem Luke-Mockridge-Kindergeburtstag und strengem Pep-Guardiola-System", sagt er. Heißt also: Er macht den Quatsch und die Leute hinter den Kulissen achten darauf, dass er es nicht allzu sehr übertreibt. "Um wirklichen Erfolg zu haben, muss man sich natürlich auch ein wenig an die Regeln des Fernsehens halten", sagt er. Schnell soll es in seiner Sendung zugehen, bunt, abgedreht. Ein Wir-Gefühl soll aufkommen wie auch bei seiner Bühnenshow.

Sein Humor eckt nicht an

Damit zielt die Show besonders auf Menschen, die sich sonst auf Youtube ihre Lacher abholen. Dort ist "Authentizität" das wichtigste Schlagwort. Wer erfolgreich sein will, gibt sich, wie er ist, oder tut wenigstens so. Die Frage ist bloß: Ist Authentizität gut oder schlecht? Es gibt auf diese Frage mehrere Antworten und sie hat vor allem damit zu tun, ob man mit Mockridges Humor etwas anfangen kann oder nicht.

Mockridges Humor ist nicht böse. Er eckt nicht an. Er stellt nichts in Frage. Er ist auch nicht politisch. Sein Humor soll einzig und allein unterhalten. "Ich bin Teil einer unpolitischen Generation. Uns geht es gut", sagt er. Und deshalb macht er Witze über frühes Aufstehen, Klassenarbeiten, Hilfestellung im Sport, Erlebnisse im Billigflieger, One-Night-Stands und die Schwierigkeiten, beim Sex die Socken zur richtigen Zeit auszuziehen. Er arbeitet dabei viel mit Klischees, die er nicht unbedingt in Frage stellt. Wenn er beispielsweise über die Deutschen witzelt, die im Urlaub alles mit ihren Handtüchern reservieren. Sein Spezialgebiet sind die 90er: die Gummibären-Bande, Center Shock, die bunten Spiralen, die Treppen herunterwandern konnten. Er arbeitet mit dem, von dem er ausgehen kann, dass es alle in seinem Publikum kennen. Etwas Neues erzählt er ihnen nicht. Stattdessen feiert er mit ihnen eine riesengroße Party. "Ich bin dafür da, um die Menschen für eine kurze Zeit ihre Probleme vergessen zu lassen." Dabei scheint er genau so viel Spaß zu haben wie sein Publikum. Er macht das, weil er eben so ist.

Es gibt genug Menschen, die genau darauf stehen, aber auch genug, denen das zu wenig ist. Die finden, dass Humor auf Missstände hinweisen sollte, anstatt von ihnen abzulenken. Was Leute wie Jan Böhmermann und Serdar Somuncu machen, findet er gut, aber es reicht ihm, wenn sie die Grenzen für ihn überschreiten. Er ist einfach nicht der Typ dafür. Wenn Mockridge dann doch mal provozieren will, stellt er eine Blowjob-Orgie von Schlumpfine in Schlumpfhausen nach. Er mag keine Kabarettisten, die nur nörgeln. "Irgendwie ist doch alles cool, man kann doch auch einfach lucky, lustig und happy sein", sagte er mal im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. Sein Vorbild ist nicht Harald Schmidt, sondern Stefan Raab.

Dass er kein Somuncu oder Böhmermann geworden ist, hat auch damit zu tun, dass sein Humor anders geschult ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Comedians war Humor nicht seine Möglichkeit, sich gegen eine Welt zu verteidigen, die ihm feindlich gesinnt war. Mockridge war in der Schule nie ein pickeliger Außenseiter ohne Freunde, er war geradezu beliebt. Noch heute kann man dem immer leicht verschlafen wirkenden Mockridge keine Verspätung übelnehmen. Er war in der Familie schon immer der Lustige. Im Gegensatz zu seinen fünf Brüdern kam er nicht nur zu den Premieren des Improvisationstheaters "Springmaus”, das sein Vater Bill Mockridge (Lindenstraße) und seine Mutter Margie Kinsky Anfang der 80er in Bonn gegründet hatten. Er kam zu jeder Vorstellung. Er schrieb schon als Jugendlicher am Programm mit. Er sah sich die Sitcom "Friends" an und entdeckte, was man hätte besser machen können.

Es geht um Dating-Apps, nicht um Griechenland

Immerhin drängte es Mockridge aber wie so viele Künstler auch deshalb auf die Bühne, weil er es den anderen zeigen wollte. In diesem Fall nicht seinen Mitschülern, sondern seinen Brüdern, für die er immer der "Uncoole" war, das Sandwich-Kind, das nicht hochbegabt war oder Model wie sie. Und seiner Ex-Freundin, die ihn betrogen hatte. Nach der Trennung 2009 schwor er sich: Wenn die eines Tages meinen Namen googelt, soll sie sehen, wie erfolgreich ich geworden bin. Ein paar Monate später stand er zum ersten Mal mit einer Standup-Nummer auf der Bühne. Danach ging es sehr schnell. Seit 2012 ist er mit seinem Programm "I'm Lucky, I'm Luke" unterwegs. Er spielt in Hallen mit 1000 bis 2000 Plätzen, seine Auftritte in diesem Jahr waren alle ausverkauft. 2013 löste er Knacki Deuser als Moderator von "Nightwash" ab, im selben Jahr erhielt er auch den Deutschen Comedypreis als bester Newcomer. Es ist schwierig, 1Live einzuschalten und ihn dort zu überhören.

Nun also seine erste eigene Show. Rund 44 Minuten hat er pro Sendung Zeit, den Zuschauer davon zu überzeugen, dass es sich doch noch lohnt, den Fernseher einzuschalten. Er zeichnet in dem Studio in Köln-Mülheim auf, in dem auch "Schlag den Raab" produziert wird. 44 Minuten, die nicht von den neuen Entwicklungen bei der AfD oder Griechenland handeln wie in der Heute-Show, sondern von Dating-Apps und neuen Kinofilmen. Und wenn die Sendung ein paar Wochen früher begonnen hätte, dann hätte ein Kinderchor "Hit me baby one more time" gesungen in Anspielung auf die Äußerungen des Papstes. Das wäre dann schon beinahe politisch gewesen. Aber eben auf die Luke-Mockridge-Kindergeburtstag-Art. Bald wird Sat.1 wissen, ob sich mit jungen Menschen noch junge Menschen vor den Fernseher locken lassen oder zumindest in die Mediathek. Bald wird der Sender wissen, wie wichtig Authentizität im Fernsehen ist.

Nach dem Auftritt in der NDR-Talkshow gewann Mockridge diese Authentizität schnell wieder zurück. Auf Facebook teilte er seinen Fans mit: "Barbara Schöneberger ist einfach mal ne heiße Milf mit Honig!"

"Luke! Die Woche und ich" läuft heute ab 22.30 Uhr, auf Sat.1.

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