Mein Herz schlägt schneller Kim Frank ist doch da

Düsseldorf (RPO). Mit seiner Band Echt spielte Kim Frank Ende der 90er Jahre viele Lieder über Liebeskummer. Heute hat der 29-Jährige seinen ersten Roman veröffentlicht. "27" erzählt auch von einem großen Gefühl: der Angst.

 Kim Frank.

Kim Frank.

Foto: Kim Frank

Man sieht ihn noch wie gestern durch das Musikvideo von "Wo bist Du jetzt" laufen. Mit roter Ostseewindnase sang Kim Frank 1998 zwischen Dünen und Wattenmeer von einer zerronnenen Liebe. Dieser Blick, diese Stimme klangen nicht nur für den damals jugendlichen und damit für jede Melancholie-Hymne anfälligen Hörer wie etwas, das man lange gesucht und nun endlich gefunden hatte. Die ehemalige Schülerband Echt brachte die deutsche Popmusik in die Charts und kaum ein Mädchen wollte in den Jahren 1998 bis 2002 nicht gerne wenigstens ein einziges Mal hingebungsvoll durch die Haare des Frontmanns streichen.

Heute, dem Teeniedasein entwachsen, haben sich Echt längst aufgelöst, um ihren Frontmann Kim Frank wurde es dennoch nie ganz ruhig. Er veröffentlichte ein Soloalbum, spielte in Detlev Bucks DDR-Film NVA die Hauptrolle, arbeitete als Synchronsprecher und drehte Musikvideos. Nun hat der 29-Jährige seinen ersten Roman veröffentlich. "27" heißt der und führt den Leser noch einmal zurück in die Atmosphäre der alten Echt-Zeiten. Doch im Mittelpunkt des Buches stehen nicht etwa die großen Momente auf der Bühne, sondern die Angst, die außerhalb der Auftritte das Leben des Protagonisten Mika bestimmen. Der ist zu Beginn der Geschichte 18 Jahre alt und sich sicher, mit 27 Jahren zu sterben. Genau wie die Frontmänner- und frauen vieler großer Bands, die dem "Klub 27" beigetreten sind. Jimi Hendrix, Jim Morrison, Kurt Cobain und Janis Joplin kamen im Alter von 27 Jahren ums Leben.

Auch Mika wird Frontmann einer Band, die sich passenderweise "Fears" nennt und die Charts stürmt. Der Frontmann wird zum Superstar, macht das, wovon man annimmt, dass Superstars es eben so tun - also allerhand Drogen konsumieren, Affären anleiern und Selbstzweifel hegen. Das Publikum ist Zeuge seiner Existenz, "der Beweis für meine Welt. Sie werden es aufschreiben und weitererzählen, dass es mich gegeben hat". Je älter er wird, je näher er der gefürchteten 27 kommt, desto tiefer brennt sich der Satz "Ich werde gewesen sein" in Mikas Seele, wird Lebens- und Arbeitsantrieb. So ist das eben. Der letzte Urlaubstag ist immer der schönste. Die leere Wohnung wirkt kurz vor der Schlüsselübergabe auf einmal größer und heller als sie war. Und den Freund, den man zum Flughafen bringt, sieht man intensiver an, als zuvor. Mika hat einen frühen Tod vor Augen und lebt deshalb trotzig auf der sogenannten Überholspur.

Kim Frank hat schon damals, als "Wo bist Du jetzt" die Mädchen in Verzückung versetzte, in Interviews häufig von seiner Angst vor dem frühen Tod gesprochen. Auch er hat, genau wie Mika, seine Ideen von der Welt in einem Buch festgehalten, das er "Mein Gedächtnis" getauft hat. Der Protagonist von "27" nennt sich selbst "ein Kind der Angst". Ob Kim Frank in seinem ersten Roman seinen eigenen Dämon gejagt hat, weiß nur er selbst. Auf jeden Fall aber hat er eines der größten menschlichen Gefühle so nah beschrieben, dass der inzwischen dem Jugendalter entwachsene Leser noch einmal das Video zu "Wo bist Du jetzt" heraus kramt. Man will ihm immer noch durch die Haare fahren. Und dieses Mal ganz leise flüstern: "Habe keine Angst. Du bist doch da. Und Du wirst gewesen sein."

Kim Franks Roman "27" ist bei Rowohlt erschienen und kostet 12,99 Euro.

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