Mein Herz schlägt schneller Spring höher, Giana

Düsseldorf (RPO). The Great Giana Sisters war das großartigste Computerspiel der späten 80er Jahre. Kein Playstation-Bombast kann mit dem minimalistischen Pixel-Charme mithalten. Nach der Jugendheldin vom C64 werden Eltern ihre Töchter dennoch nicht benennen. Aus guten Gründen.

 Die bunten Pixel in der Mitte heißen zusammen Giana.

Die bunten Pixel in der Mitte heißen zusammen Giana.

Foto: Screenshot Youtube

Für viele, die heute Mitte 30 sind, ist dieses Mädchen die Jugendfreundin, an die sie sich mit Wehmut erinnern: Giana. Sie haben Stunden mit ihr verbracht, Nachmittage, Nächte, Sommerferien — und obwohl dieses Mädchen stets am Abgrund entlang schrabbte, ständig Gefahren ausgesetzt war und alles, ja wirklich alles war, nur nicht pflegeleicht, hielten sie ihr die Treue. Giana, das war die rastlose Hauptfigur aus dem großartigsten Computerspiel der späten 80er Jahre. Selten hatte ein Spiel einen so treffenden Namen: The Great Giana Sisters.

Dabei war der Jump'n'Run-Klassiker von 1987 gar nicht lange auf dem Markt. Das Spiel erinnerte so stark an das zwei Jahre zuvor veröffentlichte Super Mario Bros., dass deren Hersteller Nintendo die Giana-Sisters-Macher von Rainbow Arts gerichtlich zwang, das Spiel um Giana und deren Schwester Maria vom Markt zu nehmen. Doch verschwunden ist das Spiel, das es zunächst für den C64 und später für den Amiga 500 sowie Atari ST gab, daraufhin nicht. Im Gegenteil: Es wurde zum Kultobjekt. Man steuerte Giana, die Jugendfreundin, durch ihre Abenteuer. Vorbei an fiesen Bösewichtern, die ihr den Garaus machen wollten. Über Hindernisse, an denen sich Giana übel wehtun konnte. Auf der Jagd nach Diamanten, Extraleben, dem ganzen Kram der Jump'n'Run-Welt eben. Mit Giana ging man fürsorglich um. Denn Nachmittage mit ihr waren immer aufregend. Komisch, dass man im realen Leben nie eine Giana trifft.

Dabei scheuen sich werdende Eltern im Namensdilemma ja nicht, am Ende selbst Skurriles amtlich beglaubigen zu lassen. Alle Personen, Orte, Dinge, die werdende Eltern gut finden und nach denen sie ihren Nachwuchs benennen können, kommen in Betracht. Apple, Brooklyn — kein Problem. Oder das hier: An einem Frühlingstag 1992 verkündet ein junger Familienvater mit dem typisch-rheinischen Namen Schmitz, er wolle seinen Sohn nach dem ersten Torschützen seiner Lieblings-Fußballmannschaft im Bundesligaspiel gegen den VfB Stuttgart benennen. Eine Halbzeit lang fiebert ein ganzes Stadion mit, denn so lange darf der Togolese Bachirou Salou für die Gladbacher stürmen. Bachirou Schmitz. Was für ein Name! Der Sohn von besagtem Herrn Schmitz ist vermutlich dankbar, dass die Borussen an diesem Samstag mit 0:1 verloren.

Natürlich gibt es Gründe, warum der Name Giana nie in diesen leidlichen Eltern-Namensdiskussionen auftaucht. Vielleicht liegt es daran, dass die Väter einfach nicht die Ohnmacht spüren wollen, wenn ihr Töchterchen Giana eines Tages flügge wird und ihnen der erste Freund genauso bedrohlich scheint wie einst die Bösewichte im Computerspiel. Da hilft kein Joystick! Da gibt es kein Ausweichen! Oder es liegt an den Müttern, die sich bei ihrem Töchterchen nicht an jene Giana erinnert fühlen wollen, die selbst übelste Gefahren nicht davon abhalten konnten, so aufgedreht und schier unaufhörlich nach Diamanten zu jagen. Ein sehr richtiger Grund allerdings ist, dass es der falsche Weg ist, seiner Computerspiel-Jugendfreundin zu huldigen, in dem Eltern ihre Tochter nach ihr benennen. Richtiger wäre es, ihr ein Denkmal zu setzen. irgendwann. Bis dahin kann man das Spiel mittlerweile kostenfrei im Internet spielen. Natürlich: So wie damals ist es nicht. In all den Jahren hat sich jeder von Giana entfremdet. Aber es ist immer wieder schön, sie wiederzusehen.

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