Duisburg 500 Jahre Gerhard Mercator

Duisburg · Der gebürtige Flame, der von Duisburg aus berühmt wurde, wäre am Montag 500 Jahre alt geworden. Obwohl er ein Universalgelehrter war, steht sein Name bis heute für die moderne Kartographie. Seine Projektion der Erdkugel machte Karten erst zu nützlichen Reisebegleitern.

Er hätte eigentlich Priester werden sollen: Gerhard Kremer, der in den Morgenstunden des 5. März 1512 als ältester Sohn des Schuhmachers Hubert Kremer und seiner Frau Emerentia im flandrischen Rupelmonde, 15 Kilometer südwestlich von Antwerpen, geboren wurde – und nicht etwa in Duisburg, als dessen berühmtester Sohn er gilt. Die Familie stammt noch nicht einmal von dort, sondern war aus Gangelt zugewandert.

Vor allem sein Großonkel Gisbert, Vizekurat der Pfarrkirche in Sint-Niklaas, erkannte schnell, wie intelligent der junge Gerhard war, brachte ihm Latein bei und wollte, dass er Priester würde. Unter anderem auch darum schickte er ihn zur Universität Löwen, wo Gerhard sich am 29. August 1530 nach damals gängiger humanistischer Sitte unter der lateinischen Übersetzung des Namens Kremer einschrieb: Mercator.

Für ihn, den vermutlich hochbegabten Jugendlichen, war das eine Offenbarung. Das damals übliche Universalstudium beflügelte seinen Geist – und ließ ihn bald mit den erzkonservativen Auffassungen an der Universität zusammenstoßen. In der Zeit der Reformation hatte sich Löwen zu einem katholischen Bollwerk gegen die aufkommenden lutheranischen Gedanken entwickelt, das eisenhart an den Lehren des Aristoteles festhielt. Wer sich davon abwandte, musste damit rechnen, von der Universität verwiesen zu werden. Ein Korsett, in das Gerhard Mercator nicht mehr passte – auch nicht mehr passen wollte. Vielmehr fielen ihm die zahlreichen Widersprüche auf zwischen dem Weltbild der Bibel und dem, was bereits als geografisch gesichert galt. Vermutlich schon damals reifte in ihm der Entschluss, eine allumfassende Kosmographie, die er später "Atlas" nannte, zu erstellen: eine ausführliche, kritische Beschreibung der Welt und ihres Aussehens. Das Kartenwerk sollte nur einer von fünf Teilen sein.

Mercators kritische Betrachtungen führten dazu, dass er 1544 trotz guter Beziehungen zum Brüsseler Hof wegen "Lutherei", was gleichbedeutend mit Häresie war, angeklagt und sechs Monate in Rupelmonde inhaftiert wurde. Nur durch den Einsatz vieler Förderer wurde er aus der Haft entlassen. Diese Erfahrung wird mit ein Grund gewesen sein, dass er 1552 mit seiner Familie in das damals sehr viel liberalere Duisburg zog; das und die Aussicht auf einen Lehrstuhl an der klevischen Landesuniversität, deren Gründung in Duisburg geplant war, dann aber nicht umgesetzt wurde. Um sich und seine Familie über Wasser zu halten, begann er seine erfolgreiche Karriere als Kartograph. Insbesondere, weil er eine Lösung gefunden hatte, wie man einen dreidimensionalen Globus auf den sehr viel handlicheren zweidimensionalen Kupferstichen darstellen konnte – und zwar so, dass sie immer noch für Navigatoren nutzbar waren: die bis heute noch angewandte Mercator-Projektion.

Die Oberfläche einer Kugel wird dabei an den Polen beginnend zum Äquator hin eingeschnitten und ausgerollt. Dadurch aber gibt es Lücken, die an den Polen am größten sind. Die füllt man, indem man die Karte gleichermaßen in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung dehnt. Dadurch bleibt die Form von Gebieten zwar gewahrt, aber Größen stimmen nicht mehr. Vielmehr erscheinen Gebiete am Äquator kleiner als solche in der Nähe der Pole. Doch dafür ist der Winkel zwischen zwei Linien auf dem Globus derselbe wie zwischen diesen Linien auf der flachen Karte. Und die Winkelmessung spielt bei der Navigation eine wesentliche Rolle. Das war ein entscheidender Vorteil, der den Ruhm des Universalgelehrten Gerhard Mercator begründete. Erst so konnte man sich bei Reisen an den Karten orientieren.

(RP)
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