Welterbe Der Aachener Dom bekommt ein neues Dach

Aachen · Hin und wieder war der Aachener Dom nicht ganz dicht. Dann musste das Dach mal wieder geflickt werden. Jetzt bekommt das Gebäude ein neues Dach, und ein 1200 Jahre alter Erdbebenriss ein Pflaster.

 Das Dach des Doms in Aachen war hin und wieder undicht. Nun bekommt er ein neues Dach.

Das Dach des Doms in Aachen war hin und wieder undicht. Nun bekommt er ein neues Dach.

Foto: dpa

Es ist schwer vorstellbar, dass der Aachener Dom manchmal nicht mehr ganz dicht ist: Das Bleidach über dem Umgang am karolingischen Zentralbau ist marode. Obwohl die letzte Sanierung erst 1960 war. Aber am Aachener Dom arbeiten auch nur Menschen: Fehler fallen den nächsten Generationen auf die Füße. Bei der 1200 Jahre alten Pfalzkapelle Karls des Großen (747 oder 748-814) hat das gleich ganz große Dimensionen. Rund zwei Millionen Euro muss das Domkapitel für die Dachsanierung in die Hand nehmen. Am Mittwoch wurde das Projekt in luftiger Höhe vorgestellt.

Mit dem Fahrstuhl rauf zur Baustelle, die mit einem großen Schutzdach überbaut ist: Ein Teil des maroden Dachs ist schon abgedeckt und man guckt auf den typisch leicht roséfarbenen karolingischen Kalkmörtel.
Weiter hinten liegt noch die Bleiabdeckung - mit geflickten Stellen. Und es gibt auch ein neues, kleines Löchlein. Dombaumeister Helmut Maintz puhlt mit seinem Finger darin herum und aus dem Löchlein wird mühelos ein Loch. "Man kann sich vorstellen, dass das nichts Vernünftiges ist für einen so wunderschönen Dom", sagt Maintz.

Einer seiner Vorgänger war sicher überzeugt, es richtig zu machen bei der umfangreichen Dach-Sanierung 1960. Die Träger-Konstruktion aus Holz hatte er mit einem Holzschutzmittel imprägnieren lassen und sogar noch zwei Kanister als Reserve hinterlassen. Unter der Sonnenhitze backten imprägniertes Holz, Teerpappe und Bleiplatten zusammen. Das Blei konnte sich nicht mehr ausdehnen, sagt Maintz. Die Platten bekamen Risse: "Das ist eine ganz blöde Geschichte." Außerdem entstand durch die chemische Reaktion mit dem Holzschutz eine Säure, die die Bleiplatten rosten ließ.

Öffentlich manchmal weniger beachtet sei die Konstruktion der Dachstühle für die Denkmalpfleger ein wichtiger Punkt, sagt Ursula Schirmer von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz: "Viele Kirchendächer in den östlichen Bundesländern hat man neu machen müssen, weil da oft Betondachziegel draufgelegt wurden, die einfach vom Gewicht viel zu schwer waren für die Dachstühle." Historisches Material habe man in der DDR nicht bekommen. Konstruktion und Material müssten aber zueinander passen.

Der alte Karl wird schon gewusst haben, warum er seiner architektonisch anspruchsvollen Kapelle mit einem 16-eckigen Umlauf ein Bleidach gegeben hat: Blei war gut formbar, gerade bei ungewöhnlichen Dachformen wie bei dem Kernbau des Aachener Doms. Nach dem Erdbeben von 829 hieß es in einem Protokoll: "Die Capelle ist beschädigt worden. Es sind Bleiplatten heruntergefallen."

Schon während des Baus der Pfalzkapelle Karls des Großen 803 hatte ein Erdbeben das Gebäude erschüttert. Die Risse zogen sich durch das das Dach des Sechzehnecks in der ganzen Gewölbestärke von 80 Zentimeter. Beim letzten großen Erdbeben 1992 mit der Stärke 5,2 öffneten sich die Risse weiter. Jetzt, wo die Bleiabdeckung schon weg ist, sieht man das.

Helmut Maintz ist zu den Bauforschern an der RWTH Aachen gegangen und hat denen beschrieben, wie er sich das vorstellt, mit diesem "Klammerpflaster". Die Forscher entwickelten eine Matte aus Mörtel und Karbonfaser, die bei einem Erdbeben viel Energie aufnehmen kann. Maintz will kein Erdbeben mehr erleben. Aber der Dom steht ja wohl noch etwas länger.

(lnw)
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