Marseille Amüsanter Krimi in provençalischem Klima

Marseille · Peter Mayles neues Opus "Die Diamanten von Nizza" erscheint von heute an in unserer Zeitung.

Bücher dieser Art werden in der Regel selten in der Zeitung rezensiert, sie gelten für die Literaturkritik als nicht sonderlich ernstzunehmender Fall. Zu leicht. Zu vorhersehbar. Zu wenig tiefgründig. Zu wenig Reibung. Zu flott konsumierbar. Man liest das in einem Rutsch weg und gut. Also nicht gut. Oder vielleicht doch?

Könnte sein, dass Peter Mayles neuer Roman "Die Diamanten von Nizza" (den wir von heute an als Fortsetzungsroman in dieser Zeitung auf der Seite "Unterhaltung" drucken) in dieser Kategorie der beschwingten und leichtgängigen Belletristik keine Ausnahme bildet. Trotzdem hat dieser Autor seit vielen Jahren eine treue Kundschaft, die von ihm das geboten bekommt, was sie erwartet. Und das ist von beiden Seiten nicht wenig. Der Brite Mayle ist ein Verehrer der Provence, ein echter Connaisseur, der die strenge Seeluft Englands gegen das bezaubernde Klima des französischen Südens und die raue Küche Englands gegen den verschwenderischen kulinarischen Reichtum Südfrankreichs eingetauscht hat. Darüber schreibt er. Das kann er wundervoll. Seine Eleganz ist ganz und gar fabelhaft, von geradezu romanischer Luftigkeit und so zart wie jene Stoffe, die Mayle seine literarischen Heldinnen gern tragen lässt. Und das kam so:

Mayle, 1939 im Seebad Brighton an der englischen Südküste geboren, ist das typische Beispiel eines Spätberufenen, der einen Zündfunken benötigt, um sich beruflich neu und erfolgreich zu orientieren. Er hatte als Busfahrer und Kellner begonnen, wechselte wegen seines kommunikativen Temperaments in die Werbebranche und las irgendwann ein Immobilien-Inserat, das sein Leben veränderte: Ein schnuckeliges Bauernhaus in dem nicht minder schnuckeligen südfranzösischen Kaff Ménerbes bedurfte dringend der Renovierung. Die traumhafte Lage ließ Peter Mayle über den Grad der Baufälligkeit hinwegsehen und -träumen, er kratzte sein Geld zusammen und zog nach Südfrankreich. Und begann zu schreiben: Romane über das wundervolle Leben in der Provence, über Gauner und Glamour, über lauschige Refugien und vor allem über das französische Essen, zu dessen glühendem Anhänger und Romancier Mayle längst geworden war. Wer solche in Literatur gegossene Topfguckereien etwa aus den Kriminalromanen mit dem sizilianischen Commissario Montalbano kennt, wird bei Mayle sozusagen mit der französischen Variante entzückt.

Auch bei ihm gibt es immer wieder unblutige Räuberpistolen, die ein überraschendes Ende finden. Mayle-Fans erinnern sich beispielsweise gern an "Cézanne gesucht". In seinem neuen Opus "Die Diamanten von Nizza" verschwinden die Juwelen gut betuchter Herrschaften wie von Geisterhand aus deren Tresoren. Jetzt müssen Mayles Helden Sam Levitt, der Jurist, und seine attraktive Freundin Elena Morales, die frühere Versicherungsdetektivin, tätig werden. Am Ende enttarnen sie einen kriminellen Coup, der mit geradezu artistischer Kombinatorik gestrickt war. Dass das Ermittler-Duo zwischendurch in Sachen eigener Romantik zu neuen Lebensbedingungen kommt, wird den Freunden dieses sympathischen Paars einiges Vergnügen bereiten.

Kurzum: Man liest diesen neuen Mayle weg wie in einem Rutsch, und das natürlich vor allem, weil man wissen möchte, wer sich am Ende als Täter herausstellt. Beim Lesen wird man immer wieder von der Sehnsucht nach dem Süden befallen und spürt, wie man sich in Gedanken im Auto bereits auf der A7 in Frankreich, der "Route de Soleil", wähnt - der Sonne entgegen. Oder man schaut im Weinkeller nach, ob dort noch ein gekühlter Sancerre liegt, eins der edlen Tröpfchen, ohne die der Genießer Mayle und seine Helden nicht auskommen.

(w.g.)
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