Düsseldorf Autorin Elena Ferrante enttarnt

Düsseldorf · Eine italienische Übersetzerin soll sich hinter dem Pseudonym verbergen.

Es war das größte Geheimnis der zeitgenössischen Literatur, aber nun ist es offenbar gelüftet: Wer verbirgt sich hinter dem Pseudonym Elena Ferrante? Die FAZ will die Autorin in Zusammenarbeit mit Journalisten aus vier Ländern nun enttarnt haben. Die in Rom lebende Übersetzerin Anita Raja, Tochter einer deutschen Mutter und eines italienischen Vaters, hat demnach die unter dem Namen Ferrante veröffentlichten Bestseller geschrieben, darunter die populäre Reihe von vier Romanen über die Freundinnen Lila und Elena.

Sie waren zunächst in Italien Bestseller, wurden 2014 auch in den USA publiziert. Sie verkauften sich weit mehr als anderthalb Millionen Mal und eroberten von dort aus die Welt. Deutschland reagierte mit Verspätung auf den sensationellen internationalen Zuspruch: Hierzulande liegt nur Band eins in Übersetzung vor; "Meine geniale Freundin" heißt er, und nach vier Wochen auf Platz eins der Bestsellerliste steht er derzeit hinter der "Harry Potter"-Fortsetzung auf Platz zwei. 250.000 Mal wurde er bereits verkauft. Der Suhrkamp-Verlag will die ausstehenden Bände im Halbjahrestakt nachlegen.

Auf mehr als einer Seite breitet Enthüllungsautor Claudio Gatti seine Recherche in der FAZ aus. Anita Raja (63), die bei Ferrantes italienischem Verlag "Edizioni e/o" als Übersetzerin angestellt ist, wurde bei früheren Versuchen, die Autorin zu enttarnen, schon mehrfach als Urheberin der Romane Ferrantes ins Spiel gebracht. Gatti will ihr nach mehrmonatiger Suche und durch Einsicht in Grundbücher und Verlagsabrechnungen auf die Schliche gekommen sein. So soll Raja hochpreisige Immobilien gekauft haben, darunter eine Wohnung im Zentrum Roms für fast zwei Millionen Euro. Eine Frau, die lediglich Kafka und Christa Wolf ins Italienische übertrage, könne sich das nicht leisten, folgert er. Auch habe der Verlag die Zahlungen an Raja erhöht, 2015 um 150 Prozent, wie Gatti schreibt. Die Summe entspreche den Einkünften aus Tantiemen.

Bei Twitter wurde die Enthüllung teils heftig kritisiert. Man habe Ferrante Gewalt angetan, schreibt die Sängerin Sophie Hunger. Hintergrund ist die jüngst in einem schriftlichen Interview im "Spiegel" gemachte Aussage Ferrantes, sie werde das Publizieren einstellen, sobald sie enttarnt werde.

(hols)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort