Herford "Brutal schön" im Marta: Über das Design der Gewalt

Herford · Eine Drohne wirft Schatten: Auf dem gepflasterten Platz vor dem Herforder Museum Marta in Ostwestfalen sind die riesigen Umrisse des Fluggeräts zu sehen. Es ist wohl ein "Reaper" (Sensenmann), seine Spannweite beträgt mehr als 20 Meter. Es ist modernstes Kriegsdesign, zum Ausspähen und Töten angelegt.

Der britische Künstler James Bridle liefert in einem Flyer die Malanleitung gleich mit: Jeder soll es ihm nachtun, sichtbar machen, was sonst in vielen Kilometern Höhe über Kriegsgebieten unsichtbar bleibt. Seine "Shadow Drone" ist der Auftakt einer kleinen, gelegentlich plakativen, aber packenden Ausstellung über das Wechselspiel zwischen Gewalt und Gegenwartsdesign. "Brutal Schön" lautet der Titel, was den Blick von den Schattenseiten der Gewalt auch lenken soll auf die Möglichkeiten von Kunst, der Brutalität etwas entgegenzusetzen.

Vielen der Objekte gemein ist das Lachen, was dem Betrachter im Halse steckenbleibt: Da hängt eine Handtasche in Pistolenform des Amsterdamer Luxuslabels Vlieger and Vandam; in einer Vitrine liegen Pralinenboxen des israelischen Künstlers Ron From. Seine Süßigkeiten sind in Goldpapier gepackte Mini-Qassam-Raketen oder schokoladige Betonblöckchen der Mauer, die Israel und das Westjordanland trennt.

Einen ähnlich doppelbödigen Ansatz wählt Matthias Megyeri: Er hat einen schmiedeeisernen Zaun entworfen, auf dessen Spitzen niedliche Tierchen sitzen. Doch ihre Grinsegesichter täuschen nicht darüber hinweg, dass man bei jedem Versuch, den Zaun überwinden zu wollen, an den spitzen Ohren des Häschens oder den zu Widerhaken gespreizten Flügeln des Pinguins hängenbleiben würde. Über Kontraste wirkt auch die Arbeit der Fotografin An-Sofie Kesteleyn. Vor einem Regal mit Kuscheltieren posiert eine pausbäckige Achtjährige im rosa-farbenen Tüllrock. Mit pinkem Gewehr in der Hand beherrscht sie die breitbeinige Pose der Actionheldin beängstigend perfekt.

Vielen Künstlern zwischen Aktivismus und Kunst, die das Museum für "Brutal Schön" aus aller Welt zusammengetragen hat, geht es um mehr als das bloße Sichtbarmachen von Gewalt. "Ich empfinde unsere Ausstellung als optimistisch, weil sie auch Ansätze zeigt, der Gewalt etwas entgegenzusetzen", sagt Kuratorin Friederike Fast. Ausdruck dieses Optimismus ist auch ein weiterer Zaun, der die Ausstellungsfläche kreuzt. Überwunden wird er zwar nicht, aber durchbrochen von einer grell gelben Sitzbank - ein Anfang in einer Zeit, in der auch in Europa neue Grenzzäune entstehen.

Info Bis 1. Mai im Marta, Museum für moderne Kunst und Design, Goebenstraße 4 Herford. Geöffnet: Di - So 11-18 Uhr.

(dpa)
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