Antiquarischer Büchermarkt Bücher erbummeln

Düsseldorf · In Düsseldorf beginnt am Donnerstag wieder der traditionsreiche antiquarische Büchermarkt. 500.000 Besucher werden erwartet. Zum Wochenstart gibt es neben dem "Bücherbummel" noch einige weitere Kulturtipps aus den Bereichen Kunst, Film, Theater und Musik.

Dass Bücher extrem wetterfühlig sein können, ist eine erstaunliche Erfahrung, die wir vor allem dem Düsseldorfer Bücherbummel verdanken. Was sich hinter diesem harmlosen Wort verbirgt, ist Deutschlands größte Freiluft-Verkaufsveranstaltung für Literatur — nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das heißt: 500.000 Besucher werden jedes Jahr mehr geschätzt denn gezählt; und auch wenn man es mit solchen Angaben naturgemäß nicht allzu genau nehmen sollte, kann man doch in etwa erahnen, was auf der schicken Königsallee vier Tage lang allein für die nicht weniger schöne Literatur alles los ist.

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Aber wo waren wir stehengeblieben? Genau, beim Wetter. Denn das spielt beim Bücherbummel eine der Hauptrollen. Und zu oft war dies die Rolle des Bösewichts. Die eifrigen Chronisten unter den Bücherbummlern wollen nachgezählt haben, dass es in den zurückliegenden drei Jahrzehnten nur drei Mal ein literatur-freundliches Wetter gegeben habe. Oft hat es ordentlich geregnet, manchmal auch kräftig gestürmt — und im vergangenen Jahr kam beides in rekordverdächtiger Stärke zusammen: Ela hieß der Orkan, der den Veranstaltern 2014 einen dicken schwarzen Strich durch die Rechnung machte.

Aus Sicherheitsgründen musste der Bücherbummel abgesagt werden und stand in den nachfolgenden Wochen auch insgesamt zur Diskussion. Aber wie so oft, wenn etwas in seiner Existenz bedroht ist, erinnerte man sich an den unverwechselbaren Charme und den riesigen Zuspruch, den dieses Festival rund um Bücher, Buden, Belletristik genießt.

Und so wird in dieser Woche — vom 11. bis 14. Juni — der 29. Bücherbummel wieder die Kö erobern. Gut 100 Buden entlang des Kö-Grabens werden ihre zumeist antiquarischen Bücher anbieten. Das Angebot reicht von einigen bibliophilen Schätzen bis zu preiswerter Massenware, die gerne auch schon mal kiloweise verhökert wird. Zugegeben, das könnte man auch alles im Internet bekommen, doch wie anders ist doch ein echter "Zugriff"! So kann beim Stöbern in den Kisten aus einer vielleicht zielgerichteten Suche leicht eine wunderbare Odyssee werden, bei der ein Buch zum anderen kommt und die Arme auf dem Weg zum Auto schließlich lang und länger werden.

Das alles wäre kaum mehr als eine Art hübscher literarischer Trödelmarkt, wenn es nicht auch das Begleitprogramm gäbe, das seit vier Jahren mit den "Düsseldorfer Literaturtagen" ein Profil samt jährlich wechselnden Motti bekommen hat. Kaum verwunderlich ist, dass man auf der Suche nach einem guten Thema bei einem sehr berühmten Düsseldorfer "Stichwortgeber" fündig wurde — bei Harry Heine. Aus seiner Dichtung "Deutschland — Ein Wintermärchen" stammen Vers und diesjähriges Motto: "Ein neues Lied, ein besseres Lied".

Was ein gutes oder gar besseres Lied ist, darüber hat im Vorfeld der Literaturtage bereits eine Jury im Auftrag der Kulturstiftung der Sparkasse befunden. Sie kürte den österreichischen Autor Michael Köhlmeier vor allem für seinen neuen Roman "Zwei Herren am Strand" zum neuen Träger des mit 20 000 Euro dotierten Düsseldorfer Literaturpreises. Quasi am Vorabend des Bücherbummels wird dem 65-jährigen Schriftsteller heute Abend der Preis verliehen, mit dem zuvor schon Christoph Peters, Thomas Kling, Katharina Hacker, Jürgen Becker und Ursula Krechel bedacht wurden.

Wo beginnen und wo enden bei einem Programm, das ein gut 50-seitiges Veranstaltungsheft füllt? Warum nicht bei einer weiteren Freiluftveranstaltung, die unweit der Kö im gediegenen Hofgarten gleich hinter dem Düsseldorfer Theatermuseum stattfindet? Dort wird es an drei Samstagen jeweils ab 15 Uhr um die halbe und nicht immer erfreuliche Welt gehen — mit Lucy Fricke, die ihren Roman "Takeshis Haut" mit der Reaktorkatastrophe in Japan 2011 beginnen lässt (13. Juni); mit dem niederländischen Bestsellerautor Arnon Grünberg, der in "Der Mann, der nie krank war" von einer spannungsreichen Reise nach Bagdad erzählt (20. Juni); schließlich mit dem ehemaligen Titanic-Chefredakteur und Romancier Oliver Maria Schmitt; sein Werk "Ich bin dann mal ertugrul" ist mit Geschichten aus vielen Ländern der Welt eine einzige Grenzerfahrung.

Die Düsseldorfer Literaturtage sind immer auch politisch gewesen. Und diesmal werden sie es besonders mit dem Auftritt von Andrej Kurkow sein, der im Gerhart-Hauptmann-Haus sein "Ukrainisches Tagebuch" am 18. Juni um 19 Uhr vorstellt. Über seine Rolle in dem Konflikt und die Macht der Worte sagte er uns unlängst: "Bis zum November 2013 habe ich an einem Roman gearbeitet. Aber mit den Maidan-Protesten hat alles aufgehört; ich kann bis heute keine Prosa mehr schreiben. Es ist eine schlechte Zeit für die ukrainische Literatur, weil ich auch von vielen Schriftstellerkollegen weiß, dass sie derzeit nur politische Texte oder Kolumnen schreiben."

Im Grunde, so Kurkow, der mit dem Roman "Picknick auf dem Eis" einen Welterfolg erzielen konnte, spreche er immer wieder nur darüber, dass alle Konflikte auch mit Worten zu lösen sind. Eins allerdings steht für ihn fest: "dass es für die Ukraine keine Rückkehr zum totalitären und korrupten Staat geben wird. Die Ukrainer stehen nach den Maidan-Protesten viel enger beisammen. Die Zeit der Konsolidierung wird aber mindestens noch drei bis fünf Jahre dauern." Man wird sich auf einen spannenden Auftritt des Autors freuen dürfen.

Wem das alles noch nicht genügt, seien aus dem Riesenprogramm weitere Häppchen gereicht: Ulla Lenze kommt und liest im Haus der Architekten aus "Die endlose Stadt" (11. Juni), Jan Wagner — der aktuelle Preisträger der Leipziger Buchmesse — stellt im Heinrich-Heine-Institut seine "Regentonnenvarianten" vor (13. Juni) und Sven Regener wird im Kulturzentrum Zakk mit seinen Fans "Die Rückkehr des Karl Schmidt" begehen (16. Juni). Blieb etwas unbedacht? Jede Menge: wie Jo Lendle, Uwe Timm und Sigrid Löffler, wie ein Tag der Experimente im Heine-Institut und ein riesiger Peotry Slam im Schauspielhaus. Nur den Auftritt von Torsten Sträter im Zakk muss man sich nicht merken; denn der ist seit langem ausverkauft.

(RP)
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