Bildband über einen legendären Laden Der amerikanische Traum beim Frisör

New York · Im Friseursalon am Astor Place in Manhattan arbeiten Friseure aus allen Ecken der Welt. Sie sind nach Amerika gekommen, auf der Suche nach einem besseren Leben. Der Berliner Fotograf Nicolaus Schmidt hat dem Laden ein Fotobuch gewidmet.

Bildband zeigt den amerikanischen Traum beim Frisör
7 Bilder

Bildband zeigt den amerikanischen Traum beim Frisör

7 Bilder

Der Friseursalon am Astor Place ist ein Museum, das lebt. Die Wände sind tapeziert mit vergilbten Fotos von Stars. Die junge Susan Sarandon, Schauspieler Kevin Bacon und Bruce Willis - sie alle haben sich in dem Laden schon einmal die Haare schneiden lassen.

Trotzdem belagern keine Touristen den großen Raum. Bis zu 50 Friseure arbeiten im Keller des unscheinbaren Hauses in Downtown Manhattan. Rasierer schnurren und Scheren quietschen, die Musik verschluckt das leise Geplapper, Neonröhren tauchen den Raum in fahles Licht. Die Atmosphäre bekommt der Laden jedoch vor allem durch seine Friseure, die aus allen Ecken der Welt nach New York gekommen sind.

Mehr als einen Monat lang hat der Berliner Nicolaus Schmidt zwischen Frisierstühlen und Haarbüscheln fotografiert, um diese Atmosphäre für sein Buch "Astor Place, Broadway, New York" (Kerber-Verlag) einzufangen.

Eigentlich sollte es ein Buch über verschiedene Friseure in Berlin und New York werden, ein paar Bilder waren bereits geschossen. "Ein New Yorker Freund sagte zu mir, ich müsse mir unbedingt den Laden am Astor Place anschauen, der sei einfach legendär", erzählt 60-Jährige. Schon nach zwei Tagen am Astor Place war dem Künstler klar: Neben den Bildern aus dem New Yorker Keller bestehe keine Aufnahme aus einem anderen Friseursalon.

"Was sollte ich denn sonst machen?"

Grund dafür ist etwa Valentino Gogu, Urgestein des Ladens. Der gebürtige Rumäne ist Anfang der 80er Jahre nach Amerika gekommen. Über 30 Jahre arbeitet er bereits im Friseursalon am Astor Place und unterhält die Kunden mit seinem Charme. Zu seinen vielen Stammkunden gehören ein Milliardär und eine ältere Frau, die mittlerweile 105 Jahre alt sei.

Der 65-Jährige arbeitet sieben Tage die Woche, oft zwölf Stunden. "Was sollte ich denn sonst machen", fragt Gogu und lächelt spitzbübisch. Er hat keine Familie in New York - der Friseursalon ist zu seinem Zuhause geworden.

Die Besitzer haben ebenfalls europäische Wurzeln: Deren Großvater kam aus Sizilien und gründete den Laden 1947. "Der Laden repräsentiert für mich die ursprüngliche Idee Amerikas - in diesem Friseursalon wird noch sein Versprechen einlöst", sagt Fotograf Schmidt. "Jede Phase der Migration ist dort vertreten."

So kommen viele der Friseure aus der ehemaligen Sowjetunion, aus Lateinamerika und aus Arabien. Sie vermitteln ihren Kunden dabei das Gefühl, sich in dem Laden willkommen zu fühlen. Am Wochenende gibt es Karaoke, öfter setzt sich jemand an das Klavier und spielt ein paar Lieder.

Friseurin Jessica beschreibt die Atmosphäre so: "Ich will die Leute glücklich machen. Wir lachen hier zusammen. Und wir weinen zusammen." Oft kommen Kunden einfach vorbei, um ein bisschen mit ihr zu quatschen. Auch die Schichten, aus denen die Kunden kommen, sind sehr unterschiedlich.

Guter Preis

Mit 16 Dollar pro Haarschnitt können sich auch Normalverdiener den Friseurbesuch leisten. "So einen guten Preis bekommen die Leute nicht einmal im New Yorker Umland", sagt Jessica, die seit 16 Jahren in dem Laden arbeitet.

Erst vor wenigen Jahren musste der Friseursalon in den Keller weichen, da er die teure Miete im Erdgeschoss nicht mehr bezahlen konnte. Da ist jetzt ein Laden für Vitaminpräparate. Auch deswegen wirkt der Friseursalon wie ein Relikt aus einer früheren Zeit - und zieht trotzdem noch Menschen wie Sam an.

Der 27-Jährige ist vor wenigen Jahren aus Jordanien ausgewandert, seit sechs Monaten arbeitet er im Friseursalon. Und er sagt: Seine Suche nach einem "besseren Leben" habe sich erfüllt.

(dpa/csr/jre)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort