Glenn Greenwalds Buch "Die globale Überwachung" Edward Snowden — die Geschichte hinter der Geschichte

Düsseldorf · Monatelang haben die Enthüllungen Edward Snowdens die internationalen Schlagzeilen geprägt. In seinem Buch "Die globale Überwachung" lässt der US-Journalist Glenn Greenwald, der die Geschichte publik machte, diese Zeit Revue passieren. Er liefert darin einen guten Überblick über die NSA-Affäre an sich und lässt den Leser daran teilhaben, wie die Treffen mit Edward Snowden abliefen.

 Der US-Journalist Glenn Greenwald hatte die Snowden-Affäre publik gemacht.

Der US-Journalist Glenn Greenwald hatte die Snowden-Affäre publik gemacht.

Foto: dpa, shp fpt vfd

Alles beginnt mit einer E-Mail, die Glenn Greenwald am 1. Dezember 2012 erhält. Die Mail ist mit einem Pseudonym gekennzeichnet, der Absender bittet den US-Journalisten, der sich schon seit Jahren mit den Machenschaften des US-Geheimdienstes NSA beschäftigt, eine Verschlüsselungssoftware zu benutzen, um dann bestimmte Informationen zu erhalten. Doch Greenwald schiebt dies immer wieder auf die lange Bank.

"So knapp war ich also davor, eine der größten und folgenreichsten Enthüllungen um die Nationale Sicherheit, die es in der Geschichte der Vereinigten Staaten je gegeben hat, an mir vorbeigehen lassen", beschreibt Glenn Greenwald diese Tage in seinem Buch "Die Globale Überwachung — der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen". Denn hinter dieser E-Mail steckte niemand Geringeres als Edward Snowden.

Überrascht über die Jugend Snowdens

Es ist die Geschichte hinter der Geschichte, die das Buch zu dem macht, was es ist: rundum lesenswert. Wie der Kontakt zu Snowden doch noch zustandekam, wie konspirativ das erste Treffen in Hongkong ablief, wie überrascht Greenwald war, einen so jungen Mann vor sich zu haben. "Dass dieser junge Bursche mein Informant sein sollte, der über all das geheime NSA-Material verfügte, war eines der verwirrensten Erlebnisse meines Lebens", schreibt er.

Doch trotz aller anfänglichen Skepsis gewinnt Greenwald immer mehr Respekt vor Snowden und vor dem, was er damals vorhatte: Gefängnis riskieren, um die Spionage-Aktivitäten der NSA ans Tageslicht zu bringen. Dieser Respekt zieht sich durch das ganze Buch. Greenwald verteidigt die Motive des Whistleblowers gegen alle öffentliche Kritik und lässt ihn vor allem menschlich erscheinen. Offen lässt Greenwald aber die Frage, ob (und wenn ja, wie) er heute noch mit Snowden in Kontakt steht. Das Buch verlässt diesen Pfad mit dem Moment, in dem sich Anwälte des Schicksals des Whistleblowers annehmen.

Greenwald geht dann dazu über, die NSA-Affäre und die von Snowden verratenen Spionageprogramme noch einmal bis ins Detail zu erläutern. Auch wenn vieles davon bekannt ist: Angesichts der Fülle der Enthüllungen in kürzester Zeit bekommt der Leser einen guten Überblick über die gesamte Affäre und kann auch die Zusammenhänge wesentlich besser verstehen — Greenwalds leidenschaftliches Plädoyer für Freiheitsrechte und Privatspähre inklusive. Doch auch wenn das den Großteil des Buches ausmacht, bleibt es doch eher Nebensache.

Generalabrechnung mit den US-Medien

Denn Greenwald schafft es, von der Kontaktaufnahme zu Snowden bis zur Veröffentlichung des ersten Artikels eine Spannung wie in einem Kriminalroman zu schaffen. Er schreibt über die Schwierigkeiten, überhaupt einen Verlag zu finden, der die Story veröffentlichen wollte. Er schreibt über jenen Moment, als sein Lebensgefährte Daniel Miranda in London festgehalten wurde, weil man offenbar Snowden-Material bei ihm vermutete. Und er schreibt über seine Bedenken, in die USA zurückzukehren — Greenwald lebt derzeit in Brasilien — aus Angst, auch er könne verhaftet werden.

Das Buch ist darüber hinaus eine Abrechnung mit den etablierten Medien in den USA. Greenwald holt im letzten Kapitel zum großen Rundumschlag aus, kritisiert von der "New York Times" über die "Washington Post" bis hin zu den großen TV-Stationen alles, was Rang und Namen hat. Er kritisiert die von ihm konstatierte Regierungstreue der US-Medien und verurteilt die — wie er selbst schreibt — "Hetzkampagne" gegen seine eigene Person.

Ihm ist deutlich anzumerken, dass ihm all dies nahe ging, denn auch seine Reputation als Journalist stand und steht mitunter heute noch auf dem Spiel. Dass er mit seiner Arbeit auch nach der Snowden-Affäre nicht aufhören wird, das macht er mehr als einmal deutlich und das zeigen auch die jüngsten Veröffentlichungen in Sachen NSA-Spionage.

Und Snowden ist ihm dabei ein Vorbild, wie er selbst am Ende des Buches schreibt: "Snowdens Furchtlosigkeit und sein unerschütterlicher Gleichmut — gegründet auf der Überzeugung, das Richtige zu tun — waren die Triebkraft für meine gesamte Berichterstattung in dieser Sache und haben mich für den Rest meines Lebens nachhaltig beeinflusst."

"Die globale Überwachung — der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen" von Glenn Greenwald ist erschienen im Droemer Knaur Verlag; 368 Seiten, 19,90 Euro.

(das)
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