Enthüllungsbuch-Autor Wolff in Köln "Trump ist wie ein Kind"

Köln · Michael Wolff ist derzeit einer der berühmtesten Journalisten – mit seinem Enthüllungsbuch über Donald Trump. Jetzt präsentierte er "Feuer und Zorn" in Deutschland - nach Berlin auch in Köln.

 Michael Wolff in Köln.

Michael Wolff in Köln.

Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Michael Wolff ist derzeit einer der berühmtesten Journalisten — mit seinem Enthüllungsbuch über Donald Trump. Jetzt präsentierte er "Feuer und Zorn" in Deutschland - nach Berlin auch in Köln.

Die Frage ist doch: Warum lachen wir eigentlich? Warum amüsieren wir uns an diesem Abend so köstlich über den kindlichen Verstand und das unberechenbare Gebaren eines Mannes, der gemeinhin als der mächtigste der Welt gilt? Vielleicht, weil das alles unglaublich ist. Oder auch, weil sich die machtpolitische Wirklichkeit mit Amüsement einfacher ertragen lässt.

Michael Wolff ist also nach Deutschland gekommen, genauer gesagt nach Köln. Extra für ihn hat Deutschlands größtes Lesefest - die Lit.Cologne - kurzfristig früher begonnen. Und für das termingerechte Erscheinen seines Enthüllungsbuches über Trump hat der Rowohlt-Verlag sieben namhafte Übersetzer gleichzeitig ans Werk gesetzt. Dieses Buch musste schnellstmöglichst auf den Markt: In den USA wurden schon zwei Millionen Exemplare verkauft, und in Europa wird der Titel gerade vorgestellt. Die Druckmaschinen laufen munter.

Der betroffene Präsident dürfte davon dennoch nicht sonderlich viel mitbekommen. Aus dem schlichten Grund: Trump mag keine Bücher, er kennt keine Bücher, liest keine Bücher. Und genau diese Trias des Bildungsdesasters öffnete Wolff am Ende die Türen zum Weißen Haus: "Ich habe einfach gefragt, ob ich ein Buch über den Präsidenten schreiben und mich dafür ein Jahr lang in die Lobby des Westflügels setzen dürfe", sagte Wolff.

Ein Buch? Das erst in einem Jahr erscheinen sollte? Diese Anfrage schien Trump und seiner Umgebung derart mittelalterlich, dass man Wolff den Couchplatz in der Lobby gewährte. Alle zehn Minuten wechselten dort die Lagen und Meinungen. Was also wollte die Welt mit einem Druckerzeugnis aus Gutenberg-Zeiten anfangen? Gelächter im Weißen Haus damals, Gelächter jetzt auch auf der Lit.Cologne, wenngleich aus anderen Gründen.

Wie muss man sein, um so nah an die Macht zu kommen, dort zu bleiben und praktisch zum "Mobiliar des Weißen Hauses" zu werden? Wolff ist vor allem cool. Aber nicht als New Yorker Attitüde, sondern wirklich gelassen und selbstgewiss, elegant unaufgeregt. Michael Wolff ist so ziemlich das genaue Gegenteil von Trump und mit diesen Merkmalen außerhalb der Wahrnehmung und Vorstellungskraft des Präsidenten. Für ihn dürfte Wolff also einfach nur "unbelievable" gewesen sein. "Ich war ein Mensch, der nicht an diesen Ort passte", sagt Wolff harmloser.

"Er hört keinem zu"

Überhaupt ist das ein Kennzeichen von Trump: Was er nicht kennt, langweilt ihn sofort. Auch die weiteren Symptome machen den Befund nicht freundlicher: "Er hört keinem zu." Und: "Man kann keine Information an ihn heranbringen." Oder: "Er agiert nur für den Augenblick und lebt in seiner eigenen Realität." Schließlich: "Seine Mitarbeiter treibt er zunehmend in den Wahnsinn."

Er ist "wie ein Kind" und wird von seinem Umfeld auch so behandelt; wenn er spricht, passe kein Satz zum anderen, außerdem wiederhole er sich in kurzen Abständen, ohne dass er es merkt. Kurz nach 18 Uhr geht Trump zu Bett, in der Regel mit einem Cheeseburger und umgeben von drei großen Fernsehbildschirmen. Michael Wolff attestiert dem Präsidenten der Vereinigten Staaten nach eingehender Betrachtung die Persönlichkeitsstruktur eines Sechsjährigen.

Dazu gehört dann auch die Motivation, warum Trump sich überhaupt zur Wahl stellte: Er wollte einfach mal der berühmteste Mann der Welt sein. Über solche kindischen Vorhaben glaubte man nur deshalb großzügig hinwegsehen zu können, weil ein Wahlsieg bis kurz vor Schluss überhaupt nicht vorstellbar und nicht vorgesehen war. Man habe nach den Worten Wolffs schlichtweg die Politikverdrossenheit damals unterschätzt. Viele Menschen wollten einen, der anders ist als alle anderen. Genau das war Trump.

Und genau das ist er bis heute. Auch deshalb darf man Zweifel an der Rechnung haben, die Berater Steve Bannon einmal über die Zukunft Trumps aufgestellt hat: zu 33,3 Prozent werde der Präsident demnächst mit dem 25. Verfassungszusatz wegen Amtsunfähigkeit abgesetzt; zu 33,3 Prozent schmeißt er selbst irgendwann das Handtuch; zu 33,3 Prozent wird er sich irgendwie bis zum Ende der Amtszeit durchlavieren. Aber niemals werde er wiedergewählt, so die frohe Botschaft.

Ausverkaufte Stadthalle in Köln-Mülheim

Kein Grund zur Sorge, könnte man an diesem Abend in der natürlich ausverkauften Stadthalle von Köln-Mülheim glauben. Schließlich gibt es Reporter wie Michael Wolff und Bücher wie "Feuer und Zorn". Was aber, wenn ihre Wirkung beschränkt bleibt? Der österreichische Philosoph Robert Pfaller hat unlängst darauf hingewiesen, dass es wenig zielführend sei, jemanden als dumm entlarven zu wollen, "der keinerlei Anstrengungen unternimmt, um gescheit zu wirken".

Wer die Nase voll hat von den täglichen Sachverhalten und vor allem Sachzwängen, mit denen das politische Personal seine Entscheidungen zu erklären sucht, ist wahrscheinlich eher geneigt, dem zu folgen, der kurzerhand eigene Tatsachen schafft. Selbst wenn diese mit Wahrheit und Wirklichkeit kaum in Einklang zu bringen sind.

Die Wähler und Anhänger werden darum auch nicht "Feuer und Zorn" lesen. Vielmehr dürfte für sie das spannende Buch nur ein weiterer Beleg für die Borniertheit der Intellektuellen sein. So gesehen waren wir - die froh gelaunten Aufklärer in der Stadthalle zu Köln - in überwältigender Mehrheit unter uns.

(los)
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