Die Zukunft der Menschheit endet blutig

Dietmar Dath hat mit "Feldeváye" einen vielschichtigen Science-Fiction-Roman geschrieben.

Angesichts von Dietmar Daths enormem Ausstoß mutet es geradezu erstaunlich an: Dass auch sein neuestes Werk, das monumentale Weltraumepos "Feldeváye", wieder ein Ereignis ist. Der Roman ist ein sprachlicher Kristallpalast, vergleichbar mit Martin Heideggers "Sein und Zeit". Wie dieser erfindet Dath neue Worte für unbekannte Welten und Sachverhalte, die einige 1000 Jahre nach unserer Zeitrechnung existieren.

Die Menschheit, die auf dem fernen Planeten Feldeváye lebt, wird beherrscht von "Admins", einer mächtigen Verwaltungskaste, die mit den "Prodisten", Angehörigen des technischen Komplexes, konkurrieren. Die Menschen sind genetisch optimiert, sie können bis zu 300 Jahre alt werden und zudem ihr Geschlecht nach Lust und Laune wechseln.

Zur Zeugung von Kindern sind weder Männer noch Frauen nötig. Alle sind beständig an die "Noos", eine Art telepathisches Internet, angeschlossen; zumindest zu Beginn des Buches herrscht weitgehend Frieden.

Eigenartig aber ist, dass die geheimnisvollen Mennesker, eine Spezies, die uns Humanoiden weit überlegen ist und keiner Sprache mehr bedarf, die menschlichen Kunstwerke der Vergangenheit, Bilder, Musik, Dichtung, durch Zeit und Raum nach Feldeváye schickt, wohl um eine Auseinandersetzung der Menschen mit ihren eigenen Ursprüngen anzuregen. Denn die haben ihre künstlerische Betätigung vor langer Zeit bereits aufgegeben, da die Kunst als verwirklicht galt.

Kathrin Ristau, die Hauptfigur des Romans, löst mit ihrer neuen Sicht auf die Artefakte, welche Kunst einmal mehr in die menschliche Praxis überführt, eine Revolution aus. Sie zieht sich mit ihren Getreuen - den Coms - in abgelegene Landstriche des Planeten zurück, wo sie neuartige Lebensformen entwickeln, in Freiheit und Selbstbestimmung. Genetisch aufgemotzte Tiere sind das, die hundeartigen Padurn, die weisen Schlangen und Vögel namens Midrai, die allesamt sprechen und logisch handeln können. Sie leben bei den Coms gleichberechtigt zusammen mit den Menschen.

Die ferne Zukunftswelt von Feldeváye hat also einiges gemeinsam mit politischen Fortschrittsvorstellungen unserer Zeit. Parallelen zur Gegenwart drängen sich auch deshalb auf, weil Dath bei aller utopischen Zukunftsfantasie in seinen Beschreibungen nachgerade "realistisch" verfährt. Die Dialoge und Umgangsweisen sind salopp, alltäglich und ganz im Stil von 2014 gehalten, was letztlich erweist, dass die Menschen von Feldeváye keine gänzlich anderen geworden sind. Aus diesem Grund endet das Paradies der Coms auch in Blut, Feuer und Vernichtung, da einer der Prodisten sich zum Diktator aufschwingt, bevor er selbst wieder gestürzt und durch andere ersetzt wird.

Mit dem Roman "Feldeváye" ist Dietmar Dath ein vielschichtiges sowie anspielungsreiches Werk geglückt, welches das Science-Fiction-Genre in mancherlei Richtung transzendiert. Daths kritische Positionen gegenüber aktuellen gesellschaftlichen Aporien finden hier ebenso reichhaltigen Niederschlag wie seine utopischen Entwürfe eines besseren Zusammenlebens der Menschheit.

Dietmar Dath: Feldeváye — Roman der letzten Künste.
Suhrkamp-Verlag, 807 Seiten, 20 Euro

(RP)
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