Schriftsteller starb mit 87 Jahren Politiker und Prominente trauern um Garcia Márquez

Mexiko-Stadt · Der kolumbianische Literatur-Nobelpreisträger Gabriel García Márquez ist tot. Der weltberühmte Schriftsteller starb am Donnerstag im Alter von 87 Jahren. Die Betroffenheit ist groß. "Es ist schwer, von dir Abschied zu nehmen, nach all dem, was du uns gegeben hast", schreibt etwa Pop-Ikone Shakira.

Gabriel García Márquez ist tot
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Gabriel Garcia Márquez stirbt mit 87 Jahren

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"Viele Jahre später sollte der Oberst Aureliano Buendia sich vor dem Erschießungskommando an jenen fernen Nachmittag erinnern, an dem sein Vater ihn mitnahm, das Eis kennenzulernen." Mit diesem Satz begann Gabriel Garcia Marquez seinen Roman "Hundert Jahre Einsamkeit". Die 1967 erschienene Familiensaga begründete den Weltruhm des kolumbianischen Autors.

Márquez ist am Donnerstag in seinem Haus in Mexiko-Stadt im Alter von 87 Jahren gestorben.

Die Trauer ist groß. Filmstars und Musiker in aller Welt kondulierten. "Es ist schwer, von dir Abschied zu nehmen, nach all dem, was du uns gegeben hast", schrieb Pop-Ikone Shakira auf ihrer Webseite. Die kolumbianische Sängerin stellte ein Foto von sich an der Seite des Schriftstellers dazu.

"'Hundert Jahre Einsamkeit' - Gabriel García Márquez, das werden wir nie vergessen", schrieb US-Schauspieler James Franco (35) beim Kurznachrichtendienst Twitter. "Ruhe in Frieden", kondolierte die Schauspielerin Mia Farrow (69) in einem Tweet. Sie empfinde Ehrfurcht und Dankbarkeit.

Auch Kollegin Rose McGowan (40) gab auf Twitter ihre Trauer kund. "Seine Worte haben mich zu magischen Orten gebracht", schrieb die Schauspielerin und Sängerin. Der kolumbianische Sänger Juanes (41) sagte in einem Tweet, dass der Größte gegangen sei - "aber eine unsterbliche Legende bleibt".

Bis zum Erscheinen seines bekanntesten Romans hatte sich Garcia Marquez mehr schlecht als recht durchgeschlagen. Aufgewachsen in der kleinen Ortschaft Aracataca an der kolumbianischen Karibikküste, folgen nach Schule und Studium - unter anderem an einem Jesuitenkolleg - Lehr- und Wanderjahre zwischen Europa und Amerika.
Erst ist er Journalist, und wechselt dann ins Erzählfach. Sein "Bericht eines Schiffbrüchigen" (1955) markiert diesen Übergang. Bogota, Havanna, Mexiko-Stadt und New York, London, Genf und Rom heißen danach die wichtigsten Stationen - und Paris.

Die französische Hauptstadt war in den beiden Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg Drehscheibe für eine ganze Generation junger Schriftsteller aus Lateinamerika. Im Pariser Hotel de Flandre arbeitet der häufig klamme Autor verbissen an seinem Roman "Der Oberst hat niemanden, der ihm schreibt". Wenige Jahre später findet dort sein peruanischer Kollege Mario Vargas Llosa Unterschlupf, um seinen Erstling "Die Stadt und die Hunde" zu vollenden. Kennen und schätzen lernen sollten sich die beiden späteren Nobelpreisträger erst einige Zeit danach - bevor es dann bald zum Zerwürfnis kam.

Grund sind Garcia Marquez' Verbindungen ins kommunistische Kuba. Die Kontakte zum "Maximo Lider" Fidel Castro ließ der Autor trotz aller Kritik nie abreißen. Stattdessen verwirklichte der Kinoliebhaber auf der Karibikinsel sogar einen Lebenstraum. 1986 öffnete in Havanna die Internationale Schule für Film und Fernsehen. Als Präsident der Stiftung des neuen lateinamerikanischen Films war Garcia Marquez maßgeblich an dem auch international renommierten Projekt beteiligt.

War der Kolumbianer deswegen ein "Höfling Castros", wie der Liberale Vargas Llosa ihm einst vorwarf? Eher nicht, wie ein Blick auf die Vielzahl seiner politischen Gesprächspartner zeigt. Bei Castro selbst setzte sich Garcia Marquez für die Freilassung politischer Gefangener ein; in seiner Heimat vermittelte er im Dauerkonflikt mit den einst kommunistischen FARC-Rebellen. Und zu seinen Gesprächspartnern in Europa zählte Papst Johannes Paul II. (1978-2005), der beim besten Willen nicht als Kommunistenfreund durchgehen kann.

Vielschichtig ist auch das Werk von Garcia Marquez, das außer Romanen Kurzgeschichten, Reportagen und Drehbücher umfasst. In ihnen kommt der ganze Zauber und Schrecken der lateinamerikanischen Wirklichkeit zur Sprache: Der Kampf gegen die übermächtige Natur, das Nebeneinander von Glaube, Aberglaube und Spiritismus, der Dreiklang von Gewalt, Liebe und Grausamkeit.

Kunstvoll vermischt Marquez immer wieder Realität mit Fantasie. Die Zuordnung zum magischen Realismus trifft es trotzdem nicht ganz, findet seine deutsche Übersetzerin Dagmar Ploetz. Mit seinem literarischen Schaffen berühre er vielmehr Grundfragen der menschlichen Existenz. "Tatsächlich geht es immer um das Leben; das aber begreift der Autor vom Tode her."

In seiner "Chronik eines angekündigten Todes" über einen sogenannten Ehrenmord in der kolumbianischen Provinz liest sich das so: "An dem Tag, an dem sie ihn töten sollten, stand Santiago Nasar um fünf Uhr dreißig morgens auf, um das Schiff zu erwarten, mit dem der Bischof kam." Ob Garcia Marquez selbst um seinen nahenden Tod wusste, ist ungewiss. Der einst wortgewaltige Dichter litt laut Angaben seines Bruders in den letzten Lebensjahren an Alzheimer.

(KNA dpa)
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