Nach Tumulten auf der Buchmesse Über Verbote nachdenken

Meinung | Frankfurt/Main · Die Entscheidung der Organisatoren, auch rechtspopulistische Verlage auf der Buchmesse 2017 zuzulassen, war richtig. Aber nur im Vorfeld und aus der berechtigten Haltung heraus, niemanden das Wort zu verbieten, der nicht gegen deutsches Recht verstößt.

Kommentar zu Tumulten auf Buchmesse: Über Verbote nachdenken
Foto: dpa, mkx tba jai

Nach den Erfahrungen dieser Messe wird man diese Entscheidung weitaus kritischer sehen müssen. Denn mit minimalem Affekt haben es Rechtspopulisten und Anti-Demokraten geschafft, auf der weltgrößten Buchmesse eine Aufmerksamkeit für sich und ihr Treiben zu erzielen, dass sie weder verdienen noch den Kern dieser wirklich spannenden Buchmesse spiegelt. Am Ende wird man sehr nüchtern konstatieren, dass die Veranstalter der Buchmesse den Populisten auf den Leim gegangen sind.

Insbesondere der Auftritt von Björn Höcke war eine perfekte Inszenierung. Er kam zu einer Buchvorstellung am Wochenende, an einem Tag, an dem die Messe auch fürs Publikum ihre Pforten öffnet. Alle dürfen und können kommen. Darunter auch die Sympathisanten der AfD wie auch ihre erbitterten Gegner aus den Reihen des Antifa. Es trafen Lager aufeinander, denen es nicht um Dialog, nicht um Verständigung geht, sondern allein darum, den anderen gewissermaßen aus dem Feld zu schlagen. Zudem

wurden beide Seiten angelockt mit einem Politiker, der die größtmögliche Reizfläche bietet. Das garantierte die Aufmerksamkeit. In diesem Sinne war die Buchvorstellung ein großer Erfolg für die Rechtspopulisten. Ein paar Minuten Aufregung garantierten eine große Nachbetrachtung. Natürlich auch von den Medien, natürlich auch von uns, auch mit diesem Kommentar. Das ist unsere Aufgabe. Dies zu unterlassen, wäre fahrlässig.

Was tun? Auf keinen Fall die Berichterstattung darüber minimieren oder gar beenden. Vielmehr müssen Veranstalter künftig sehr genau überlegen, wie sie solche Eskalationen verhindern können. Auf einer Buchmesse in fast zehn großen Messehallen, jeweils auf mehreren Ebenen, ist dies unmöglich. Wer Provokationen von Rechtspopulisten daher künftig verhindern will, darf ihnen keinen Anlass gegeben. Nochmals: die Entscheidung im Vorfeld, auch diese Meinungen zu spiegeln, war nachvollziehbar; nach den jetzigen Erfahrungen aber wird man sagen müssen, dass künftig rigoroser über die Zulassung von Verlagen entschieden werden muss. Dazu müssen dann auch Verbote und Absagen gehören.

(los)
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