Angebliche Überreste in Madrid gefunden Archäologen sicher: Haben die Gebeine von Cervantes gefunden

Madrid · Einen DNA-Beweis gibt es nicht - aber spanische Wissenschaftler sind sich sicher, dass sie knapp 400 Jahre nach dem Tod von Miguel de Cervantes (1547-1616) in Madrid zumindest Teile der sterblichen Überreste des "Don Qujote"-Autors gefunden haben.

Miguel de Cervantes: Offenbar Gebeine in Madrid entdeckt
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Forscher wollen Gebeine von Miguel de Cervantes gefunden haben

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Als der Chef des Forscherteams, Francisco Etxebarria, am Dienstag die Erfolgsmeldung bekanntgab, war der Jubel nach Medienberichten vor allem im Madrider Rathaus groß. Noch vor Ende der Pressekonferenz teilte Bürgermeisterin Ana Botella mit, sie wolle mit der Kirche sprechen, um den Fundort in einem Kloster im Zentrum der Hauptstadt künftig für Besucher öffnen zu lassen. Der Tourismus-Rubel lockt.

Hauptgrund für die vor einem Jahr, im April 2014, gestartete Suche war eigentlich, mehr über den Literaten und sein Leben zu erfahren. Wie war der spanische "Nationaldichter"? Woran ist er gestorben? Die Stadtverwaltung organisierte und finanzierte die Suche. Das Unternehmen soll nach Medienberichten in Zeiten von Krise und Rekordarbeitslosigkeit einschließlich Ausgrabung und Identifizierung mindestens 100.000 Euro verschlungen haben. "Wieviel wir genau ausgegeben haben, können wir noch nicht sagen. Sicher aber eine bescheidene Summe, wenn es darum geht, die Überreste von Cervantes zu finden", entgegnete Botella der Kritik.

Kritik an der "Grabschändung"

Doch nicht nur die hohen Kosten sorgen für Polemik. Nicht wenige Vertreter der spanischen Kulturwelt meinen, man habe für den schnöden Mammon so etwas wie Grabschändung betrieben. "Man hätte die Gebeine von Cervantes niemals betatschen dürfen", schrieb der angesehene Journalist und Schriftsteller Fernando del Pozo in der Zeitung "El Mundo". Eine Koryphäe der iberischen Literaten-Welt, Cervantes-Preisträger José Manuel Caballero Bonald (88), klagte am Dienstag, der Romanschreiber, Dichter und Theaterautor werde in Zukunft zur "touristischen Werbereklame" degradiert werden. Die Reste Cervantes' hätten unangetastet bleiben müssen, meinte auch er.

Hinter vorgehaltener Hand äußern Kritiker sogar den Verdacht, die Bestätigung, dass man die Gebeine von Cervantes tatsächlich gefunden habe, sei unter dem Druck der Stadtverwaltung und der Finanzen erfolgt. Mehrfach war in Madrid im Rahmen der Suche auf das Beispiel von Stratford-upon-Avon hingewiesen worden. Das verschlafene Nest im Herzen Englands macht mit dem Geburtshaus von dem wie Cervantes 1616 gestorbenen William Shakespeare Riesengeschäfte.

Was Stratford-upon-Avon recht ist, soll Madrid nur billig sein. Auch wenn Etxebarria einräumte, man habe "keine absolute, mathematische Gewissheit", dass unter den entdeckten Knochenresten von 17 Menschen tatsächlich die Gebeine von Cervantes sind. Unter den Wissenschaftlern gebe es aber "keine Zweifel" und auch "keine Diskrepanzen", dass die Suche von Erfolg gekrönt wurde. Man verfüge über "historische, archäologische und anthropologische Beweise".

Identifikation anhand von Kriegsverletzungen

Man versuchte, den Romanschreiber, Dichter und Theaterautor etwa anhand der übermittelten Körpermerkmale oder auch der Kriegsverletzungen zu identifizieren, die Cervantes 1571 im Kampf gegen die Türken an der Brust und am linken Arm erlitten hatte. Eine DNA-Analyse der gefundenen Knochenreste würde kaum weiterhelfen, da von Cervantes keine lebenden Nachkommen bekannt sind.

Zu den in einem Madrider Kloster entdeckten Knochenresten gehörten solche des Autors sowie von Cervantes-Ehefrau Catalina de Salazar, sagte Etxebarria, der einem Team von 30 Archäologen, Historikern, Gerichtsmedizinern und Technikern angehört. Die Wissenschaftler hatten in Grabnischen keine ganzen Skelette entdeckt, sondern nur einzelne Knochenreste, die sich zudem in einem schlechten Zustand befanden. Im Januar waren in einer Grabnische Holzreste eines Sarges mit den Buchstaben "M.C.", den Initialen des Autors, gefunden worden.

Die Suchaktion fand in der Altstadt von Madrid im Untergrund des Klosters San Ildefonso de las Trinitarias descalzas statt. Dort wurde der Schöpfer des "Ritters von der traurigen Gestalt" auf eigenen Wunsch beigesetzt, als er mit 68 Jahren in Armut starb. Das im sogenannten Literatenviertel gelegene Kloster wurde mehrmals umgebaut und erweitert. Die Experten schlossen aber von Anfang aus, dass die Überreste von Cervantes etwa bei großen Bauarbeiten im 17.
Jahrhundert aus der Kirche entfernt worden sein könnten.

(dpa)
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