Vorstellung eines Lyrik-Buches Tausende belagern Rammstein-Sänger Till Lindemann in Moskau

Moskau · Junge Russen lieben nicht nur Poesie von Alexander Puschkin. Wenn Rammstein-Sänger Lindemann seine düstere deutsche Lyrik in Moskau vorstellt, dann kommen die treuen Anhänger in Scharen.

Till Lindemann singt nicht nur in der Neue-Deutsche-Härte-Band Rammstein, sondern schreibt seit Längerem auch Gedichte.

Till Lindemann singt nicht nur in der Neue-Deutsche-Härte-Band Rammstein, sondern schreibt seit Längerem auch Gedichte.

Foto: dpa, kde

Feuer und Flamme für ihr Idol: Tausende Rammstein-Fans haben in Moskau stundenlang ausgeharrt, um sich von Sänger Till Lindemann (53) einen neuen Gedichtband signieren zu lassen. Das Werk "In stillen Nächten" erschien auf Deutsch und Russisch in einer Erstauflage von 10.000 Exemplaren, die nach Angaben des Moskauer Verlags Eksmo sofort vergriffen war. Schon am Freitagmittag drängten sich etwa 4000 Fans vor einem Buchladen in einem großen Einkaufszentrum. Bis zum Abend wurde die Schlange nicht kürzer.

Mit Tränen in den Augen, das begehrte Buch in der Hand, kam Alina Salimowa (20) aus dem Laden. "Ich studiere Deutsch wegen Rammstein", erzählte die Studentin, die 1200 Kilometer aus der Stadt Ufa im Ural angereist war. Seit sechs Jahren sei sie Fan der Rockgruppe. "Die Texte sind sehr stark", sagte sie, und Till sei überhaupt "der tollste Mann".

Rammstein ("Mutter") ist außerordentlich populär in Russland. Auf Konzerten singen Tausende Russen die deutschsprachigen Lieder textsicher mit — ähnlich wie bei der Popgruppe Tokio Hotel. Gerade das Düstere bei Rammstein ziehe junge Russen an, analysierte der Maschinenbaustudent Boris Krestinin aus Moskau. "Mir ist Tills Blick auf das Leben nah. Für Menschen in Russland bedeutet Rammstein ein Ventil für negative Energie, die man sonst nicht loswerden kann." Für das Buch seines Idols hatte Krestinin sieben Stunden angestanden.

"Die ersten waren vor Öffnung des Ladens da, gegen halb neun", sagte ein Verlagssprecher. Dabei begann erst am Nachmittag die Signierstunde, bei der Lindemann harte Arbeit leisten musste. "Till hat versprochen, dass jeder ein Autogramm erhält." Am Vorabend hatte der Rammstein-Frontmann im Moskauer Gogol-Theater aus dem Buch gelesen.

"Ich habe ihn zum ersten Mal gesehen", schwärmte Inna Mjasnikowa (21) aus der südrussischen Stadt Rostow am Don. Ruhig, angenehm, zurückhaltend sei ihr Lindemann vorgekommen — nicht gerade das Bild, das der Sänger auf der Bühne abgibt. Doch die finstere Weltsicht bei Rammstein stört die Psychologiestudentin nicht: "Aus dem Dunkel sieht man das Licht besser", sagte sie.

Der Band "In stillen Nächten" enthält Texte und Zeichnungen. Da in den Gedichten auch Schimpfwörter vorkommen, ist das Buch nach russischem Gesetz erst ab 18 Jahren freigegeben. 2002 erschien in Deutschland Lindemanns erste Gedichtsammlung "Messer". Dieser Band wurde bisher nicht ins Russische übersetzt.

(burdpa)
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