Buch-Kritiken Timo Rieg: Verbannung nach Helgoland

Deutschland befindet sich im Sturzflug und Schuld sind die Piloten in den Parlamenten. Sie können nichts außer Reden. Sie geben Geld aus, das sie nicht haben. Sie quälen uns mit unnötigen Gesetzen. Timo Rieg geht in seinem neuesten Buch "Verbannung nach Helgoland" hart mit unseren so genannten Volksvertretern ins Gericht.

 Timo Rieg: Verbannung nach Helgoland.

Timo Rieg: Verbannung nach Helgoland.

Foto: Berliner Konsortium

An vielen Beispielen zeigt er, wie der Arbeitsmarkt, das Gesundheitssystem oder die Justiz durch einen über Jahrzehnte angehäuften Regelungswust lahm gelegt sind. Dazu mixt der Recherche-Trainer Fakten mit Satire, wobei die Übergänge oft fließend sind. So bei der Beschreibung, was jemand beachten muss, der einen Arbeitsplatz schaffen will: "Lassen Sie sich überraschen von einer Mutterschaftsumlage, die Sie auch für ihren männlichen Arbeitnehmer zahlen müssen, allerdings nicht bei seiner Krankenkasse, weil die nicht Umlage fähig ist. Freuen Sie sich auf Erkenntnisse, bei welcher Lohnhöhe sie entgegen allem, was sie bislang gelernt haben, die Sozialabgaben nicht zur Hälfte vom Lohn abziehen dürfen."

Die permanente Gängelung durch den Staat ist laut Rieg nicht nur ineffektiv, sie verdirbt auch den Spaß am Leben. Er plädiert deshalb für eine radikale Vereinfachung. Ökonomisch orientiert er sich dabei an Milton Friedmann und dessen negativer Einkommensteuer. Wer Geld verdient zahlt Steuern, wer arbeitslos ist, bekommt aus der gleichen Kasse ein Bürgergeld. Das Bürgergeld ist für jeden gleich und soll nur reichen, um zu essen und zumindest ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft zu bewohnen. Das Bürgergeld ist auch das Einzige, was Rentnern zustünde. Alles was über das Existenzminimum hinaus geht, sollten die Bürger selber vorsorgen.

Das alles ist für Rieg mit dem heutigen Parteienstaat nicht zu machen. Politiker würden nur durch geschickte Ränkespiele innerhalb ihrer Partei und nicht durch sinnvolle Politik in Spitzenpositionen kommen. Einmal in Amt und Würden fiele ihnen nichts mehr ein, als die Verteilung von Steuergeldern an Interessengruppen. Erfolg bedeute nur noch, in den Medien präsent zu sein. Deshalb fordert Rieg ebenso öffentlichkeitswirksam die Verbannung der Politiker auf Deutschlands einzige Hochseeinsel.

Damit ist auch schon eine Schwäche des Buches angesprochen. So schreckt das erste Kapitel eher ab, denn sie liefert unter der Überschrift "Fressen, Ficken, Fernsehen" nur eine weitere Polemik, die uns mit der Vorliebe des Autors für gutes Essen und seinen Fernsehgewohnheiten vertraut macht. Auch wer erwartungsvoll zuerst das letzte Kapitel mit den 112 Lieblingsgründen des Autors zur Verbannung von Politikern beginnt, wird es aus diesem Grund enttäuscht zurücklegen. Die Stärken stecken eindeutig in den Kapiteln dazwischen: Genaue Recherche, anschauliche Beispiele, interessante Lösungsansätze und ein lockerer Stil. Es sollte deshalb Pflichtlektüre für jeden sein, der sich mit Politik beschäftigt. Vor allem für Politiker.

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