Voynich-Manuskript Verlag druckt Buch, das niemand lesen kann

Burgos · Es klingt verrückt: Ein Verlag druckt ein Buch mit unbekannter Schrift, setzt den Preis auf mehrere tausend Euro an und findet auch noch Käufer. Doch das Werk ist kein gewöhnliches Buch. Es handelt sich um das Voynich-Manuskript, eines der rätselhaftesten Schriftstücke der Welt.

 Über den Inhalt oder die Herkunft des Buches gibt es nur Spekulationen.

Über den Inhalt oder die Herkunft des Buches gibt es nur Spekulationen.

Foto: afp

Mehr als 200 eng beschriebene Seiten in einer unbekannten oder verschlüsselten Sprache, mit ausklappbaren Karten, wunderschönen Zeichnungen von Pflanzen, nackten Frauen und Sternen - das ist das Voynich-Manuskript, benannt nach dem Antiquar Wilfrid Voynich, der es 1912 italienischen Jesuiten abkaufte. Die Schrift wurde nie entschlüsselt, die abgebildeten Pflanzen wurden nirgendwo gesichtet, und die astronomischen Tafeln ergeben keinen Sinn.

Die jahrhundertealten Pergamentseiten werden von der Beinecke-Bibliothek der Yale-Universität in den USA streng verwahrt, und nur wenigen wird Einblick in das kostbare Original gewährt. Zehn Jahre lang bemühte sich der auf alte Schriften spezialisierte Siloé-Verlag aus dem nordspanischen Burgos, eine Kopie des Manuskripts anfertigen zu dürfen. Nun hat er die Erlaubnis dafür bekommen.

"Dieses Buch umgibt eine geheimnisvolle Aura", schwärmt Verlagsleiter Juan José García. "Dieses Gefühl, wenn man es zum ersten Mal sieht, ist kaum zu beschreiben." Um Betrachtern der Kopie dieses besondere Gefühl zu vermitteln, setzt der Verlag alles daran, sie bis ins kleinste Detail dem Original nachzuempfinden.

Für die Faksimiles wird beispielsweise Papier aus einer speziellen Paste hergestellt, das sich wie das vor Jahrhunderten verwendete Pergament anfühlt. Nach dem Druck und dem Binden werden die Seiten so bearbeitet, dass sie alt aussehen und exakt die gleichen Schönheitsfehler haben wie die Vorlage.

Siloé will das erste Faksimile in eineinhalb Jahren fertig haben, insgesamt wird es 898 Kopien zu einem Preis von je 7000 bis 8000 Euro geben. Fast 300 Exemplare sind schon vorbestellt.

Die Kopien werden noch mehr Menschen die Möglichkeit geben, sich an der Entschlüsselung der geheimnisvollen Schrift zu versuchen. Tausende haben sich bereits daran versucht, darunter auch berühmte Kryptologen wie William Friedman, der im Zweiten Weltkrieg für die USA die Codes feindlicher Armeen knackte. Doch am Voynich-Manuskript sind bislang alle gescheitert.

Lange Zeit galt das Buch als das Werk des englischen Franziskanerbruders Roger Bacon aus dem 13. Jahrhundert. Doch eine Radiokohlenstoffdatierung legte den Entstehungszeitpunkt auf die Jahre zwischen 1404 und 1438 fest. Die Spekulationen über den Verfasser reichen von Leonardo da Vinci bis zu Außerirdischen.

Auch über den Inhalt gibt es nur Mutmaßungen. Liefert das Manuskript den Schlüssel zur ewigen Jugend? Oder ist es eine Sammlung heilsamer Kräuterrezepte? Auch Verlagsleiter García hat keine Ahnung, was in dem Buch steht, das er verlegt. Aber sein Geschäftspartner habe eine Vermutung über den Autor, sagt er. "Vielleicht war er ein Sadist, der uns alle mit seiner Geheimnistuerei quälen wollte."

(AFP)
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