Düsseldorf Oscar Wildes Flirt mit der Sprache

Düsseldorf · Zeitgleich mit München hatte im Düsseldorfer Schauspiel "Bunbury" Premiere.

Ein Mann in Unterhosen macht nur selten eine gute Figur. Und doch bestreitet einer unserer beiden Dandys so spärlich bekleidet in der letzten Düsseldorfer Premiere des Jahres wortgewaltig den Auftakt. Das Münchner Residenztheater hat die Schullektüre zeitgleich ausgegraben und auf den Spielplan gesetzt. Während dort offenbar Aktionismus das Bühnengeschehen beherrscht, setzt Regisseur Sarantos Zervoulakos im Kleinen Haus auf das gesprochene Wort. Über zweieinviertel Stunden wird in "Bunbury" ab Start fast nur geredet, logischerweise weniger gespielt. Es ist mehr Versuchsanordnung denn Schauspiel. Auf einer weißen Folie bringen sich die Schauspieler in Stellung, umrahmt von Bühnenscheinwerfern. Der Dialog ist die Grundfigur des Duells, die Wortgewalt des Iren Oscar Wilde (1854-1900) das Hauptvergnügen.

Wilde selbst war ein Dandy, im prüden viktorianischen England als Skandalautor verschrien. 1895, zwei Monate nach der Uraufführung seiner in der Upper Class angesiedelten Gesellschaftskomödie im Londoner St. James Theatre, wurde der Autor in Haft genommen — wegen Unmoral zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Jahre bis zu seinem frühen Tod verbrachte er in Paris.

Man würde das vielfache Verwechslungsspiel heute als geistreiche Comedy bezeichnen, in dessen Zentrum zwei Paare stehen. Gepflegte Langeweile treibt sie alle um, die sich um die Dinge des Alltags weder kümmern noch sorgen müssen. Die jungen Herren fliehen aus ihren Identitäten, legen sich neue zu, Vergnügen ist ihr Daseinsgrund. Die Damen wollen Männer finden, gut wäre, wenn diese Ernst heißen. Denn Ernst sein, so sagt der Untertitel, ist wichtig. Das Gegenteil zu beweisen, ist das Anliegen aller.

"Bunbury" ist ein kaltes Stück, die von Wilde entlarvten Menschen seiner Zeit haben keine Sentimentalität, kein Herz, sie lieben einander nicht, sondern ihre Einfälle. Ein Name ist wichtiger als der Mensch, der ihn trägt. Eine Verlobung ist kein erotisches Ereignis, sondern ein verbales. Die einzige Erotik ist der Flirt mit der Sprache. Gut, dass in diesem seltsam fern scheinenden Gesellschaftstableau herausragende Schauspieler großartig sprechen: Christoph Schechinger und Ingo Tomi (die Dandys), Stefanie Rösner und Stefanie Reinsperger (die Damen von erlesener Boshaftigkeit); Tina Engel als Lady, die mit jedem Satz einen Urteilsspruch fällt.

Der Inszenierung hätten Schnitte gut getan. Auch fehlt der aktuelle Bezug, der sich angesichts des Verhaltens mancher Upper-Class-People von heute anböte. Geteilte Reaktionen gibt es beim Publikum.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort