Aus Recklinghausen nach Wien Karin Bergmann ist erste Frau an der Spitze des Burgtheaters

Wien · Nach dem Rauswurf von Intendant Matthias Hartmann soll eine alte Bekannte wieder Ruhe in das gebeutelte Burgtheater bringen. Karin Bergmann kennt das Haus seit vielen Jahren.

 Karin Bergmann kennt das Wiener Burgtheater seit vielen Jahren.

Karin Bergmann kennt das Wiener Burgtheater seit vielen Jahren.

Foto: dpa, rs bl

Nach der fristlosen Entlassung von Intendant Matthias Hartmann soll die Kulturmanagerin Karin Bergmann die Finanz- und Vertrauenskrise am Wiener Burgtheater meistern. Die 60-Jährige werde die renommierte Bühne in den nächsten zwei Jahren künstlerisch leiten, teilte Österreichs Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) am Mittwoch im Anschluss an eine Aufsichtsratssitzung der Burgtheater GmbH mit. Damit steht erstmals eine Frau an der Spitze des größten deutschsprachigen Sprechtheaters.

Ehrenamtlich wird Bergmann von Hermann Beil (72) beraten, dem früheren Co-Direktor des Burgtheaters, der 1999 mit Claus Peymann zum Berliner Ensemble wechselte.

Bergmann, rund 20 Jahre in verschiedenen Funktionen an der "Burg", kehrt aus dem Ruhestand zurück. Sie wurde bei ihrer Vorstellung vom Ensemble mit viel Jubel begrüßt. "Ich weiß, was mich hier erwartet", sagte Bergmann und fügte hinzu: "Ich bin das Gegenteil eines Notnagels." Angesichts der äußerst schwierigen finanziellen Lage habe sie einige Ideen, das Haus in jeder Beziehung wieder flott zu machen.

Das Burgtheater rechnet für die Spielzeit 2012/2013 mit einem Bilanzverlust von 8,3 Millionen Euro. Außerdem drohen Steuernachzahlungen von fünf Millionen Euro. Über die von Experten als höchst undurchsichtig bezeichnete Buchführung des Hauses stolperten inzwischen die Vizedirektorin Silvia Stantejsky und Hartmann, die beide die Vorwürfe bestreiten.

Bergmann, 1953 in Recklinghausen geboren, kam 1986 mit Claus Peymann als Pressesprecherin ans Burgtheater. Nach weiteren Stationen wurde sie 1999 Stellvertreterin von "Burg"-Intendant Klaus Bachler.
2008 leitete sie die Direktion, als Bachler bereits die Bayerische Staatsoper in München übernommen hatte, bis zum Amtsantritt von Matthias Hartmann. Nach Hartmanns erster Wiener Saison ging sie 2010 in Pension. Den damaligen Schritt bezeichnete sie am Mittwoch als Reaktion auf den Kurs der Bühne.

Die Personalentscheidung war nach der fristlosen Entlassung von Hartmann vergangene Woche nötig geworden. Der Vertrag läuft bis zur Spielzeit 2015/2016. In den nächsten Wochen solle die Intendanz für den Zeitpunkt danach ausgeschrieben werden, sagte Ostermayer.

"Wir brauchen Ruhe", betonte Ostermayer. Bergmann sagte mit Blick auf die Ausgabenpolitik unter Hartmann: "Ich weiß nicht, ob das Haus sich das leisten kann". Von der nun kritisierten Buchführung der Vizedirektorin Stantejsky habe sie keine Ahnung gehabt. "Ich habe das definitiv nicht gewusst." Sie habe das Haus 2010 in einem guten Zustand übergeben.

(dpa)
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