München Gutachten zweifelt an Gurlitts Zurechnungsfähigkeit

München · War Cornelius Gurlitt zurechnungsfähig, als er seinen letzten Willen verfasste? Der Jurist und Psychiater Helmut Hausner äußert in einem Gutachten Zweifel daran. Das zuständige Nachlassgericht sieht aber vorerst keinen Grund, tätig zu werden. "Da derzeit kein Erbscheinsantrag vorliegt, findet auch keine Prüfung der Wirksamkeit des Testaments statt", teilte eine Sprecherin des Münchner Amtsgerichtes mit. Das Gutachten des Psychiaters und Juristen Helmut Hausner, demzufolge der Sohn von Adolf Hitlers Kunsthändler Hildebrand Gurlitt an "paranoiden Wahnideen" litt, liege dem Gericht vor. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte über das Gutachten berichtet. Der Münchner Anwalt Christoph Edel, unter dessen Betreuung der schwer kranke Gurlitt bis zu seinem Tod gestellt war, wollte sich dazu nicht äußern.

Gurlitts Cousin Dietrich Gurlitt (95) und die Cousine Uta Werner (86) hatten das Gutachten in Auftrag gegeben. Sie waren in Gurlitts Testament übergangen worden. Allerdings wollen sie weder einen Erbschein beantragen noch das Erbe anfechten. Es gehe den betagten Verwandten lediglich darum, die Situation zu klären - auch für künftige Erbengenerationen.

"Im konkreten Verfahren liegt bislang ein Erbscheinsantrag nicht vor", hieß es vom Amtsgericht. Ob das Gericht bei Eingang eines solchen Antrags Ermittlungen aufnimmt oder sofort durch Beschluss entscheidet, müsse "die für das Verfahren gegebenenfalls zuständige Richterin unter Würdigung aller vorhandenen Informationen entscheiden".

Der im Mai gestorbene Gurlitt hatte seinen Besitz dem Kunstmuseum Bern vermacht. Darunter hunderte Kunstwerke aus seiner Wohnung in München-Schwabing und seinem Haus in Salzburg. Das Kunstmuseum Bern will seine Entscheidung über die Annahme des Erbes am 26. November bekanntgeben. Die Sammlung Gurlitt umfasst hunderte Werke, bei denen es nicht auszuschließen ist, dass es sich um Nazi-Raubkunst handelt. Nach Angaben eines Sprechers der Taskforce "Schwabinger Kunstfund" müssen 492 Werke auf ihre Herkunft untersucht werden. Nach weiteren Funden wurde die Zahl nach oben korrigiert.

(dpa)
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