Das Gold der Kelten aus dem Rheinland

Das Landesmuseum Bonn hat für seine international bedeutende Sammlung keltischer Objekte eine Schatzkammer eingerichtet. Sie umfasst Goldschmuck, das älteste Rad der Region und zahlreiche Ausrüstungen für den Krieg.

Dichtung und Wahrheit geraten leicht durcheinander, wenn man über die Kelten spricht. Schließlich enden die Namen der handelnden Personen vorzugsweise auf "ix". Die Comic-Antihelden Asterix und Obelix wirken so alltagsnah, dass man ihnen fast historische Realität zusprechen möchte. Umgekehrt klingt das "-ix" von Ambiorix, dem König des keltischen Stammes der Eburonen, und von Vercingetorix, dem Anführer des Widerstands der Gallier gegen Caesar, so vertraut, dass man sie gern dem Comic zuschlagen würde. In der Tat sind Dichtung und Wahrheit hier kunstvoll verschränkt. Denn Vercingetorix diente den Comic-Schöpfern René Goscinny und Albert Uderzo als Vorbild ihrer Asterix-Figur.

Was Vercingetorix für den Krieg in Gallien, das bedeutete Ambiorix für den Widerstand gegen Caesar im Rheinland. Der eine wie der andere hielt mit seinen Mannen lange der Übermacht der Römer stand, bis sich die Kelten geschlagen geben mussten. Doch ganz geschlagen sind sie gerade im Rheinland bis heute nicht. Denn selbst gut 2000 Jahre nach ihrem Untergang im Jahr 51 v. Chr. erregen sie Aufsehen mit den Gegenständen, die sie hinterlassen haben. Zum größten Teil befinden sie sich im LVR-Landesmuseum Bonn. Das hat jetzt seine Kelten-Schatzkammer neu eingerichtet und lenkt damit den Blick auch wieder auf die Rätsel, die das Volk der Kelten umgeben.

Da gibt es zum Beispiel das "Schwert von Oedt", dem heutigen Stadtteil von Grefrath am Niederrhein. Man fand es angeblich 1947 in der Niers.

Wie Untersuchungen ergeben haben, besteht die Klinge aus einer bronzezeitlichen Kupfer-Zinn-Legierung. Der Griff aber hat sich als vermutlich in den 1930er Jahren angefertigter Messingguss erwiesen. Eine hohe Kadmium-Konzentration deutet darauf, dass er nicht aus der Bronzezeit stammt. Solche Stücke waren im "Dritten Reich" sehr beliebt.

Seit den 1970er Jahren befand sich das Schwert als rein keltisches Stück im LVR-Museum; erst 2009 enttarnte eine Computertomographie den gefälschten Teil des Objekts.

Gegenüber den Glanzstücken der Schau wirkt das Schwert von Oedt recht unscheinbar. Der Glanz geht vor allem vom Golde aus. Und der zeugt vom Wohlstand der keltischen Fürsten am Rhein.

Im Grab einer Frau in Waldalgesheim nördlich von Bingen entdeckte man reich ornamentierte Hals-, Fuß- und Armringe aus Gold und Bronze, die zu den bedeutendsten keltischen Schätzen der Welt zählen. Die "Fürstin von Waldalgesheim" war im Tode auch von bronzenen Beschlägen von Joch, Wagen und Pferdegeschirr umgeben. Ein aus Italien stammender Eimer erinnert an die Handelsbeziehungen der Kelten zu den Ländern am Mittelmeer.

1954 wurde in Wachtberg-Fritzdorf, nicht allzu weit vom Museum, ein Goldbecher gefunden, der in einem Tongefäß verborgen war. Fernab jeder damaligen Siedlung hatte ihn jemand vergraben. Vielleicht als Opfergabe?

Oder um ihn vor unbefugtem Zugriff zu bewahren?

Auch der "Pfeiler von Pfalzfeld" gibt Rätsel auf. In die vor mehr als 400 Jahren im Hunsrück gefundene Säule aus Rotsandstein (5./4. Jahrhundert) sind maskenhafte Gesichter mit übergroßen Augen gemeißelt - ein eindrucksvolles Beispiel des keltischen, mediterran beeinflussten Stils. Das Stück muss ursprünglich auf oder an einem Hügelgrab gestanden haben.

Der Grund, warum wir bei den Kelten immer wieder auf Vermutungen angewiesen sind, liegt darin, dass sie keine Schrift kannten. Ihre Druiden - Priester und zugleich Gelehrte - gaben das Wissen der Gesellschaft nur mündlich weiter. Alles, was wir über die Kelten wissen, stammt aus griechischen und römischen Texten, auch das Wissen über die wohlstandsmehrende Art und Weise, wie die Kelten Eisen gewannen und bearbeiteten.

Zum Glück gibt es manches, das sich ohne Worte erklärt: das älteste Wagenrad des Rheinlands etwa, ein hölzernes Ungetüm; dazu eine Dolchklinge aus Bracht (Kreis Viersen) und ein bei Flüren (Wesel) aus dem Rheinkies gebaggerter Bronzehelm.

Das spektakulärste Ensemble der Schau ist ein rekonstruierter Wagen aus einem Grab im Hunsrück, auf dem ein Familienoberhaupt samt Speer und Bronze-Eimer beigesetzt war. Zu den anmutigsten Stücken der Ausstellung zählt dagegen eine Arbeit aus einer Zeit, in der die Kelten am Rhein bereits untergegangen waren: eine aus dem 2./3. Jahrhundert stammende, bei Dormagen entdeckte Bronzescheibe mit Ornamentik in keltischer Tradition. Die Römer verstanden sich darauf, mit Errungenschaften ihrer Besiegten der eigenen Kultur noch mehr Strahlkraft zu verleihen. Schließlich hatten zuvor die Kelten auch aus der Kunst der Römer und Etrusker einigen Nutzen gezogen.

(RP)
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